Heute umsonst Taxi fahren in Straßburg?

Mit einer ungewöhnlichen Aktion wollen heute die Taxifahrer in Straßburg gegen die unliebsame Konkurrenz von „Uber“ protestieren. Indem sie heute den Fahrgästen eine kostenlose Fahrt anbieten.

Das Taxis aus den gleichnamigen Filmen wird man heute in Strassburg kaum erwischen. Es wäre ohnehin zu schnell unterwegs... Foto: Eurojournalist(e)

(WB) – „Uber“ ist ein rotes Tuch für die französischen Taxifahrer und somit natürlich auch für die Taxifahrer in Straßburg. Denn „Uber“ funktioniert nach einem System, das zwar auch in vielen anderen Berufssparten Einzug gehalten hat, das aber jedem Gewerkschafter die Haare zu Berge stehen lässt – das System der „Unterunternehmer“. Jeder Fahrer bei „Uber“ ist offiziell ein Mini-Unternehmer, was dem Unternehmen sämtliche Sozialabgaben einspart, gleichzeitig aber auch die Mindeststandards des Berufsstands unterminiert, da sich niemand mehr großartig an irgendwelche Standesregeln halten muss. Wer braucht schon noch einen Personenbeförderungsschein?

„Das ist eben heute so“, sagen die Befürworter dieses neuen Systems, bei dem der Kunde über eine App seinen Standort durchgibt und direkt in Kontakt mit dem Fahrer gebracht wird. Ebenso, wie viele Hotels unter Diensten wie „AirB&B“ leiden, sind nun die Taxifahrer unter Druck. Und zwar in einem Berufsstand, der stark reglementiert ist, um Wildwuchs zu vermeiden. So werden beispielsweise Taxilizenzen so vergeben, dass es keine „Taxischwemme“ gibt und alle Fahrer ausreichend verdienen können, um zu überleben. „Uber“ ist das egal – hier herrscht das amerikanische Prinzip des wilden Kapitalismus. Wer den Dollar verdient, der hat eben Recht. Ein Prinzip, das sich allerdings stark von den Werten unterscheidet, die man in Europa über Jahrzehnte erkämpft hat. Denn in Europa gibt es so etwas wie „Arbeitnehmerrechte“ und einen „sozialen Dialog“, der in den USA als „unamerikanisch“ verteufelt wird.

Und genau dagegen protestieren heute die Taxifahrer in Straßburg – indem sie ihren Kunden eine kostenlose Fahrt innerhalb des Stadtgebiets anbieten. Allerdings sollte man, so rät der Chef der regionalen Taxifahrer-Vereinigung Khalifa Beltaief, vorher nachfragen, denn nicht alle Taxifahrer beteiligen sich an der Aktion, denn, so Beltaief, „wir können ja niemanden dazu zwingen“. Ausgenommen aus dem Angebot einer Freifahrt sind auf jeden Fall Fahrten zwischen dem Stadtgebiet und dem außerhalb liegenden Flughafen Straßburg-Entzheim.

Was die Taxifahrer mit der ungewöhnlichen Aktion erreichen wollen, erklärt Khalifa Belaief: „Wir wollen zeigen, dass wir nahe an unseren Kunden sind und ihnen zu Diensten stehen“, doch wird diese Nachricht während einer Taxifahrt nur schwer vermittelbar sein, denn das Gleiche behaupten die „Uber“-Fahrer ja auch von sich.

Angesichts der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA bekommt man hier bereits einen kleinen Vorgeschmack auf das, was uns erwartet – ein gnadenloser Sozialkampf, bei dem Ende diejenigen auf der Strecke bleiben, die nicht schnell genug sind. Über Jahrzehnte erkämpfte Arbeitnehmerrechte und der soziale Frieden in Europa, der zu den „Werten“ unseres Kontinent zählen, sind dann nichts mehr wert. Wollen wir wirklich unser altes Europa dem US-Wildwest-Kapitalismus zum Fraß vorwerfen?

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