Historisch!

Erstmals brachen die Spieler zweier Mannschaften ein Spiel der Champions League ab. Wegen einer rassistischen Unsportlichkeit des 4. Schiedsrichters. Zum Thema Rassismus ist das Fass übergelaufen.

Einigkeit zwischen PSG und Istanbul - wegen rassistischer Beleidigungen durch einen Schiedsrichter brachen beide Mannschaften das Spiel ab. Foto: ScS EJ

(KL) – So etwas hat es im Fussball noch nicht gegeben. Als in der 14. Minute des CL-Spiels Paris Saint-Germain gegen Basaksehir Istanbul der 4. Schiedsrichter Sebastian Coltescu (Rumänien) dem Hauptschiedsrichter signalisierte, dass dieser den aus dem Kamerun stammenden Co-Trainer der Gäste aus Istanbul, Pierre Webo, mit einer roten Karte wegen unsportlichen Verhaltens auf die Tribüne schicken solle, kam es zu einem Skandal. Denn der UEFA-Offizielle bezeichnete Webo als „Negro“, was im menschenleeren Pariser Prinzenpark von gefühlten 15 Mikrophonen aufgezeichnet wurde. Daraufhin verließen beide Mannschaften das Spielfeld. Das abgebrochene Spiel wird heute um 18:55 Uhr wieder angepfiffen.

Rassismus ist ein Phänomen, das es an jedem Wochenende in jeder Liga gibt, von der Kreisklasse bis eben hin zur Champions League. Dunkelhäutige Spieler werden mit Affenlauten begrüßt und mit Bananen beworfen, im Amateurbereich kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen aus rassistischen Gründen, und gestern, in der 14. Minute des Spiels PSG – Basaksehir Istanbul lief das Fass des Rassismus über. Dass ein Schiedsrichter ein Spiel wegen unsportlichen Verhaltens von Spielern oder Zuschauern abbricht, das kennt man. Nicht aber, dass Spieler ein Spiel wegen unsportlichen Verhaltens eines Schiedsrichters abbrechen.

Der Zwischenfall von Paris könnte ein heilsamer Schock sein. Spieler, Trainer, Betreuer und Fans werden sich künftig bei rassistischen Zwischenfällen zu Wort melden. Statt die Beleidigungen zu schlucken und in sich nagen zu lassen, werden sich die Opfer rassistischer Beleidigungen oder gar Angriffe zur Wehr setzen. Bemerkenswert ist, dass die Spieler von PSG solidarisch mit den Kollegen aus Istanbul waren. Viele der Stars von PSG sind ebenfalls regelmäßig Zielscheibe rassistischer Anfeindungen und wissen genau, was in Pierre Webo vorging. Der von den Spielern beider Teams durchgesetzte Spielabbruch war ein Akt der Emanzipation, unter völliger Missachtung jeglicher Regelwerke – als eindrucksvolles Statement gegen Rassismus.

Heute findet der Rest der Spielzeit statt, mit einem anderen Schiedsrichtergespann. Dies ist ein enormer Erfolg im Kampf gegen Rassismus. Die UEFA wird gegen den 4. Schiedsrichter ermitteln und dessen Karriere im Fußball dürfte gestern Abend beendet gewesen sein. Egal, wie heute Abend das Spiel ausgeht, es wird drei Gewinner haben. PSG für seine Solidarität, Basaksehir Istanbul für den Mut, rassistische Beleidigungen nicht mehr hinzunehmen und insgesamt der Kampf gegen den Rassismus, den auch die UEFA mit Kampagnen wie „Respekt!“ führt.

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