Holen uns jetzt die Realitäten ein?

In Frankreich sind bereits 3000 Schulklassen aufgrund von Covid-Fällen geschlossen. Das ist zwar noch ein nur geringer Prozentsatz, doch die Zahlen steigen rapide.

In Baden-Württemberg entfällt die Maskenpflicht im Unterricht (bis auf Sport- und Musikunterricht). Foto: Julia Vrownley / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Gerade einmal zwei Wochen ist der Beginn des Schuljahrs in Frankreich her. Doch mussten aufgrund von Covid-Fällen bereits 3000 Schulklassen temporär geschlossen werden, denn ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, die Großen Ferien haben natürlich das pandemische Geschehen wieder angeheizt. 3000 Schulklassen, das klingt erst einmal viel, ist allerdings bei insgesamt mehr als 540.000 Schulklassen im Land noch relativ wenig – 0,5 % der Schulklassen in Frankreich. Und trotzdem sollte man die Alarmsignale hören. Denn die Anzahl Klassenschließungen steigt sprunghaft an.

Rund die Hälfte der französischen Schülerinnen und Schüler ist inzwischen doppelt geimpft, doch sind Impfungen für Kinder unter 12 Jahren noch nicht vorgesehen. Dazu kommt, dass die Erkenntnisse der Wissenschaft darauf hinweisen, dass die Variante Delta insbesondere jüngere Menschen betrifft; was mit der Variante Mu ist, wird sich zeigen müssen.

Dass Schulunterricht im Präsenz-Format unerlässlich ist, steht außer Frage. Doch wie man das am besten erreicht, da scheiden sich die Geister. Am Montag begann auch in Baden-Württemberg wieder der Schulunterricht und hier wird die Frage von infizierten Schülern wieder ganz anders gehandhabt. Wenn ein Covid-Fall in einer Klasse auftritt, wird der erkrankte Schüler für 14 Tage in Quarantäne geschickt, während sich seine Klassenkameraden 5 Tage lang täglich vor Unterrichtsbeginn testen lassen müssen. Von Klassenschließungen ist man damit weit entfernt, doch steht die Frage im Raum, was passiert, wenn sich in einer Klasse (oder gar an einer ganzen Schule) ein Cluster bildet.

Einig sind sich alle, dass man Schulschließungen, ebenso wie erneute Lockdowns, unter allen Umständen vermeiden will. Doch die neue „Normalität“, die jetzt so viele genießen, ist trügerisch. Die „vierte Welle“ läuft und die Virologen sagen einen „heißen Herbst“ voraus.

Dabei fällt einmal mehr auf, dass es offenbar weder gewünscht, noch möglich ist, die Covid-Maßnahmen zu harmonisieren. Nicht nur, dass dies bereits auf nationaler Ebene unmöglich ist (jedes Bundesland ist ab sofort für seine eigenen Grenzwerte, verwendeten Parameter und entsprechende Maßnahmen selbst zuständig), sondern auf europäischer Ebene ist dies nicht einmal ein Gesprächsthema. Doch der ewige Hinweis darauf, dass „Gesundheit Sache der Mitgliedsstaaten ist“, geht an der Sache vorbei. Diese Regel wurde definiert, als niemand ahnte, dass Europa (und der Rest der Welt) von einer Pandemie geschüttelt würde, die per Definition grenzenlos und weltweit ist. Da ist der Hinweis auf die nationale Zuständigkeit ziemlich sinnlos.

In verschiedenen Ländern wie Dänemark werden nun alle Corona-Maßnahmen eingestellt. Das bringt dann zwar das angenehme Gefühl, dass die Pandemie vorbei sei, doch ist sie das nicht, wie alleine schon die Zahlen aus Frankreich zeigen. Die nächsten Monate werden erneut zur Nagelprobe für unsere Gesellschaften werden und man kann eigentlich nur empfehlen, die sanitären Protokolle (Abstand, Gesichtsmasken etc.) konsequent einzuhalten. Dass allerdings in einer solchen Situation die Regierungen an ihren Plänen festhalten, die Tests kostenpflichtig zu machen, ist zwar eine geschickte Strategie, Impf-Skeptiker zur Impfung zu zwingen, allerdings handelt es sich um einen sanitären Fehler erster Güte. Genau auf diese Weise schickt man das Virus auf eine Reise durch Bevölkerungsgruppen, in denen die Präsenz des Virus nicht mehr kurzfristig festgestellt werden kann, was vielleicht Geld für die Tests spart, aber dann wesentlich mehr Geld in der Behandlung erkrankter Menschen kosten wird.

Bereits in zwei Wochen werden wir sehen, wie sich die Situation an den Schulen in Baden-Württemberg entwickelt.

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