Horst Seehofer entpuppt sich als echter Europäer!
Mit der Ankündigung, dass Deutschland 25 % der über das Mittelmeer ankommenden Bootsflüchtlinge aufnehmen wird, nimmt der Heimatminister den Ausländerhassern den Wind aus den Segeln.
(KL) – Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet CSU-Mann Horst Seehofer durchschlägt einen europäischen Gordischen Knoten. In der endlosen Debatte, auf welche Länder die in den Mittelmeer-Anrainerstaaten ankommenden Bootsflüchtlinge verteilt werden, macht er einen riesigen Schritt auf Italien, Griechenland, Malta und Zypern zu – mit der Ankündigung, dass Deutschland 25 Prozent dieser Flüchtlinge aufnehmen wird, gibt er nicht nur ein Beispiel der Solidarität für die anderen EU-Staaten, sondern erteilt auch denjenigen eine Abfuhr, die diese Flüchtlinge am liebsten auf die Sklavenmärkte in Libyen zurückschicken würden.
In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte Seehofer einen Satz, der all denjenigen, die Europa in eine Festung umbauen wollen, das Blut in den Adern stocken lässt: „Ich habe immer gesagt, unsere Migrationspolitik ist auch human. Wir werden niemanden ertrinken lassen.“ Diese Initiative ist großartig und setzt die 27 (26) anderen EU-Mitgliedsstaaten unter einen hohen moralischen Druck. Denn klar ist, dass die EU bisher die Mittelmeer-Anrainer mit der Problematik der ankommenden Flüchtlinge eiskalt im Stich gelassen hat und das Gezerre um jedes einzelne Schiff, das wochenlang mit Geretteten von Land zu Land schippern muss, nur um dort abgewiesen zu werden, ist einfach würdelos.
Durch die Ankündigung wird sich für Deutschland nicht viel ändern, denn bereits bisher übernimmt die Bundesrepublik rund 25 % der in Italien ankommenden Flüchtlinge. Doch für die aus Seenot Geretteten wird sich vieles ändern – denn speziell Italien wird seine Politik der geschlossenen Häfen (die seit dem Abgang Salvinis bröckelt) nicht fortführen können. Ziel der Aktion von Seehofer ist es, eine feste Quotenregelung zu treffen, nach der Bootsflüchtlinge angelandet und nach einem festen Schlüssel verteilt werden können. Dabei besteht Seehofer verständlicherweise auf eine Sicherheits- und Identitätsprüfung, bevor die angelandeten Flüchtlinge weiter in die verschiedenen Länder geschickt werden.
Seit Beginn des Jahres hat Deutschland 561 Bootsflüchtlinge aufgenommen, die in Italien angelandet waren, teilweise nach wochenlangem Hickhack darüber, ob sie in Italien anlanden dürfen oder nicht. „Dies übersteigt unsere Aufnahmekapazität nicht“, sagt Seehofer und hat natürlich Recht. Die übrigen rund 1500 Flüchtlinge auf 26 (27) Länder zu verteilen, sollte eigentlich auch kein unüberwindliches Problem darstellen.
Schade, dass die EU in den Ländern Nordafrikas nur als Geldgeber für zweifelhafte Regimes fungiert und dort keinerlei Einfluss auf die dortige Politik in dieser Frage nehmen kann. Denn Seehofer hätte es gerne gesehen, wenn sein Vorschlag, zwei „Ausschiffungsplattformen“ in Nordafrika zu schaffen, angenommen worden wäre. Das hätte ermöglicht, die Chancen zahlreicher Asylbewerber im Vorfeld zu prüfen und denjenigen, die eine realistische Chance auf Asyl in Europa haben, endlich den „sicheren Korridor“ anzubieten, den humanitäre Organisationen seit Jahren fordern. Nur – es fanden sich keine zwei nordafrikanischen Länder, die bereit gewesen wären, jeweils eine solche „Ausschiffungsplattform“ in ihrem Land einzurichten. Vielleicht sollte man einmal überlegen, wem man künftig welche Gelder zu welchem Zweck zukommen lässt…
Doch nun wird es schwierig für die anderen EU-Staaten, dem deutschen Beispiel nicht zu folgen. Bereits am 23. September findet in Vittoriosa auf Malta ein Treffen zwischen Vertretern Maltas, Frankreichs, Italiens, Finnlands (Finnland hat gerade die Ratspräsidentschaft inne) und der EU-Kommission stattfinden, bei dem eine vorläufige Quotenregelung getroffen werden kann, mit dem Ziel, künftig diese unwürdigen Irrfahrten der Rettungsschiffe im Mittelmeer zu beenden. Offenbar ist auch Frankreich bereit, 25 % dieser Flüchtlinge aufzunehmen, was faktisch bedeutet, dass die übrigen 25 (26) Staaten die restlichen 50 % übernehmen müssten.
Angesichts der enorm zurückgegangenen Zahlen ankommender Flüchtlinge sollte es eigentlich gelingen, wenigstens für diese Personen einen funktionierenden Schlüssel einzurichten. Dabei sollte man eine Regelung finden, nach der diejenigen Staaten, die sich weigern, selbst ein paar Dutzend Flüchtlinge aufzunehmen, nach einem ebenfalls festzulegenden Schlüssel bezahlen zu lassen. Es kann und darf nicht angehen, dass europäische Solidarität nur von denjenigen getragen wird, die sich dazu bereiterklären – und alle Augen richten sich auf die Visegrad-Staaten.
Was ist nur gerade mit der CSU in Bayern los? Markus Söder wird immer grüner und nun entpuppt sich Horst Seehofer als Humanist und Europäer! Wer hätte gedacht, dass man eines Tages Horst Seehofer Beifall klatschen muss – aber heute geht es nicht anders: Bravo, Horst Seehofer!
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