Hurra, wir sind Papst! Ach nö, nur Achtelfinale…

Autokorsos, Vuvuzelas und Frauen am Rande zum Nervenzusammenbruch - Jogis Buben schieben sich ins Achtelfinale. Und wir alle sind dabei…

Thomas Müller hat mit seinem tollen Tor zum 1:0 gegen die USA das Achtelfinale klar gemacht. Foto: 慕尼黑啤酒 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Es war kurz nach Viertel nach Sieben, gestern Abend, als ein Ruf wie Donnerhall durch die Republik hallte. Oder vielmehr drei Rufe wie Donnerhall. Der erste: „Jaaaaaa!“, der zweite: „Müüüüüüller!“ und der dritte noch einmal „Jaaaaaa!“. Auch Menschen ohne Fernseher oder Interesse an Fußball wussten nun, dass Deutschland das 1:0 geschossen hatte und dass Thomas Müller mit seinem wirklich sehenswerten Treffer weiter nach der Torjägerkanone schielt. Und wir all schielen ein wenig mit.

Dabei war der Auftritt der Nationalmannschaft gegen die von Jürgen Klinsmann trainierten USA alles andere als überzeugend. Es fehlte an Laufbereitschaft, vor allem beim dauernd stark geredeten Özil, es fehlte an Geistesblitzen, es fehlte an Spitzigkeit, aber was soll’s, im Gegensatz zu Spanien, England, Portugal oder auch Italien ist das deutsche Team wenigstens noch dabei. Ebenso wie Frankreich und die Schweiz. Full House für den Oberrhein.

Kurz nach Spielende fuhren die ersten kreischenden Fans mit wehenden Fahnen durch die Stadt. Bei einer solchen Übung starb vor wenigen Tagen erst ein junger Algerier in Mulhouse. Leute, das war erst die Vorrunde!

Aber was für eine Vorrunde! Überraschungen en masse, spannende und vor allem torreiche Spiele, die Erkenntnis, dass das pomadige und fast körperlose Tiki-Taka der Europäer durch ein physisch hoch engagiertes Tiki-Taka mit hohem Pressing, harten Zweikämpfen und kollektivem Willen abgelöst wurde – die WM ist sportlich gesehen klasse.

Aber mit der Euphorie könnte man noch ein wenig warten. Denn trotz des guten Auftaktspiels gegen Portugal spielt die deutsche Mannschaft noch alles andere als weltmeisterlich. Das tun hingegen Teams wie Holland, Frankreich, Kolumbien, Chile, Costa Rica und auch Brasilien – wobei die Frage ist, ob diese Teams ihre Form über ein ganzes Turnier halten können.

Na ja, jetzt heißt das Achtelfinale Deutschland – Algerien und dann muss man schauen. Bei dieser WM ist so ziemlich alles möglich. Fragen Sie mal die Russen. Und es bleibt die spannende Frage, wie solidarisch wir mit Jogis Buben sind, wenn die aus dem Turnier ausscheiden. Bekommen wir dann die Schlagzeile: „Wir sind Verlierer!“?

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