„Ich trete zurück“. –„Nö!“

Der Rücktritt des französischen Innenministers Gérard Collomb wird zur Farce. Präsident Emmanuel Macron weigert sich, das Rücktrittsgesuch anzunehmen. Kann man einen Minister zum Weitermachen zwingen?

Gérard Collomb will nur noch eines - raus aus der Regierung. Aber vorerst darf er nicht zurücktreten. Foto: Arthur Empereur / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Reisende soll man nicht aufhalten, sagt der Volksmund. Doch in der französischen Regierung scheint diese Regel nur gelegentlich zu gelten. Zum Beispiel bei den jüngsten Rücktritten von Umweltminister Nicolas Hulot und Sportministerin Laura Flessel. Hingegen gilt sie wohl nicht für Innenminister Gérard Collomb, dessen Rücktrittsgesuch von Präsident Macron einfach abgelehnt wurde. Bei allem Chaos in der französischen Regierung muss man aber für eines dankbar sein – in dieser Legislaturperiode gehen einem die Themen nicht aus…

Niemand mag Gérard Collomb so richtig. Der alternde Innenminister hatte eine geradezu jämmerliche Figur in der Affäre Benalla abgegeben, war vielen als PS-Dissident ohnehin nicht vertrauenswürdig, stand wegen der heftigen Prügeleinsätze der Polizei bei Demonstrationen in der Kritik und irgendwie war niemand so richtig traurig, als sein Rücktritt über die Newsticker verkündet wurde. Sein Rücktrittsgesuch? Eine reine Formalität. Doch, einer war traurig. Präsident Emmanuel Macron lehnte das Rücktrittsgesuch seines Innenministers einfach ab.

Hintergrund dieser Politposse ist der Umstand, dass Gérard Collomb bereits am 18. September erklärt hatte, dass er Kandidat bei der nächsten Bürgermeisterwahl in Lyon sein will und da er sich nicht dem Vorwurf der Ämterhäufung aussetzen wollte, reichte er folgerichtig seinen Rücktritt ein. Diesen aber lehnte Emmanuel Macron ab und diese Ablehnung zeigt, dass es mächtig im Gebälk der neuen Regierung knirscht. „Angesichts der Angriffe, denen der Minister seit der Ankündigung seiner Kandidatur bei der Bürgermeisterwahl in Lyon ausgesetzt ist, spricht ihm der Präsident der Republik erneut sein Vertrauen aus und fordert ihn auf, sich weiter voll und ganz auf seine Aufgabe zu konzentrieren.“ Aha.

Das alles ist viel Ärger um einen 71jährigen, der wohl in Lyon sein politisches Gnadenbrot knabbern will, der aber weder als Minister, noch als Bürgermeister als „Hoffnungsträger“ zu verkaufen ist. Für Emmanuel Macron geht es bei seiner seltsamen Ablehnung eines Rücktrittsgesuchs vor allem darum, sein Gesicht zu wahren und Frankreich und der Welt zu zeigen, dass er, und er allein, den Kalender der französischen Politik bestimmt. Und nicht etwa ein hergelaufener Innenminister. Der hat sich gefälligst den Wünschen des obersten Chefs unterzuordnen.

Doch es geht weiter. Statt brav wieder auf seinen Ministersessel zurückzukehren, erklärte Collomb gestern erneut, dass er sein Rücktrittsgesuch aufrechterhalten will. Was nun, Herr Macron? Einen Minister mit Fußfessel an den Ministersessel ketten? Ihn unter « Büroarrest » stellen? Wären wir in der Türkei, wäre alles einfach – dann könnte Macron seinen widerspenstigen Innenminister einfach verhaften und einsperren und damit wäre das Thema gegessen. Aber wir sind in Frankreich und der sperrige alte Herr wird langsam zum echten Problem für Macron.

Es erscheint logisch, dass man einen rücktrittswilligen Minister nicht zum Bleiben zwingen kann. Mit seinem Armdrücken mit seinem greisen Innenminister tut sich Emmanuel Macron keinen Gefallen. Denn beim Versuch, seine Regierung autoritär zu führen, geht ihm genau das verloren, was man dafür braucht: Autorität. Zu guter Letzt hat der Präsident den Rücktritt dann doch akzeptiert. Wie schön. Frage: Können die auch mal was “normal” machen?

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