„Ich warte immer noch auf eine Antwort…“

Das Europäische Parlament hat eine eigene #metoo-Plattform eingerichtet. Denn auch im Parlament kommt es immer wieder zu Belästigungen und Übergriffen.

#metoo gibt es nun auch im Europäischen Parlament. Foto: Europäisches Parlament 2018

(KL) – Nein, es geht hier nicht darum, das Europäische Parlament zu diskreditieren. Doch muss man festhalten, dass Belästigungen, Übergriffe und Stalking auch im Europäischen Parlament stattfinden, so wie eben leider in allen anderen Bereichen der Gesellschaft auch. Nur, ebenso wie in der katholischen Kirche, haben auch die Europaabgeordneten und ihre Mitarbeiter eine Art der Verpflichtung zu beispielhaftem Verhalten. Und dass diese stillschweigende Grundregel nicht eingehalten wird, erkennt man, wenn man die Aussagen von Opfern solcher Übergriffe auf dem #metoo-Blog des Parlaments liest.

Das Schema solcher Übergriffe im Parlament erinnert an die Vorgänge um den Hollywood-Tycoon Harvey Weinstein. Übergriffe finden gegenüber Praktikanten und jungen parlamentarischen MitarbeiterInnen statt, wobei deren Unerfahrenheit ausgenutzt wird. Zwar muss man sich immer wieder über die Blauäugigkeit karriereorientierter junger Menschen wundern, die sich ohne Nachdenken in Situationen begeben, in denen der gesunde Menschenverstand eigentlich die Alarmglocken läuten sollte, doch sind natürlich weder Unerfahrenheit noch Dummheit Rechtfertigungen für Belästigungen und Übergriffe.

Dass das Europäische Parlament reagiert und diese Plattform eingerichtet hat, flankiert von einem ganzen Katalog an Maßnahmen, ist natürlich lobenswert. So gibt es inzwischen einen „Kodex für das angemessene Verhalten der Europaabgeordneten an ihrem Arbeitsplatz“, den jeder Abgeordnete unterschreiben muss. Ohne die entsprechende Unterschrift kann ein Abgeordneter nun nicht mehr sein Amt ausüben, doch so gut diese Maßnahme auch gedacht ist, sie kann nicht viel mehr als eine Sensibilisierung für das Thema sein. Weder Gesetze noch Geschäftsordnungen können Übergriffe verhindern und somit stellt sich auch die Frage nach dem Umgang mit solchen Fällen. Allerdings ist interessant, dass im November und Dezember spezielle Trainings für die Abgeordneten und deren Mitarbeiter angeboten werden, bei denen diese für einen korrekten Umgang miteinander geschult werden sollen. Vielleicht sollte diese Kurse auch für Vertreter des katholischen Klerus geöffnet werden…

Gewiss, es gibt nun eine Stelle, an die sich Opfer solcher Belästigungen wenden können, doch stellt sich die Frage, wie effizient solche Verfahren dann sind. Auch, wenn das Parlament diesen Opfern zahlreiche Hilfestellungen anbietet, wie beispielsweise die Übernahme von Verfahrenskosten, wenn ein Opfer einen Prozess gegen den übergriffigen Parlamentarier starten will, doch ist klar, dass ein solches Vorgehen aus einem Opfer ein „Doppelopfer“ macht, da der begehrte Job im Parlament dabei fast zwangsläufig ein Ende findet.

Außerdem gibt es da noch die Frage der Art und Weise, wie Opfern geholfen wird. Eine junge parlamentarische Assistentin schilderte ihren Fall, den sie nach einigem Zögern dann der entsprechenden Stelle im Parlament einreichte. Das war vor ziemlich genau einem Jahr. Ebenso schockierend wie der Fall selbst ist der letzte Satz in der Schilderung dieser jungen Frau: „Ich warte immer noch auf eine Antwort“. Der Weg hin zu einem korrekten Umgang miteinander ist wohl noch weiter, als man das denkt.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste