Immer mehr Gewalt gegen Amtsträger

Die Gewaltbereitschaft gegenüber staatlichen Amtsträgern wie Bürgermeister und Bürgermeisterinnen nimmt zu – was ist zu tun?

Die Kölner OB Henriette Rekers hat nur knapp einen Mordanschlag auf sie überlebt. Foto: Elke Wetzig / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(Karl-Friedrich Bopp) – Beleidigt, bedroht oder sogar tätlich angegriffen. Mehr als die Hälfte der Bürgermeister und Bürgermeisterinnen in Deutschland haben das schon persönlich erlebt. Die Beleidigungen und tätlichen Angriffe haben gerade in den letzten Jahren zugenommen und die Messerattacke auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker vom 17. Oktober 2015 ist in diesem Zusammenhang einer der negativsten Höhepunkte. Da es aber nicht nur um die persönliche Sicherheit geht, sondern oft auch um die der Familie, haben 20 % der Kommunalpolitiker schon einmal darüber nachgedacht, sich vollständig aus der Politik zurückzuziehen.

Um diesem Phänomen entgegen zu treten, hat Bundespräsident Walter Steinmeier gerade das Internetportal „Stark im Amt“ freigeschaltet. Bei dieser Gelegenheit sagte der Bundespräsident: „Hass auf Politiker und Politikerinnen gefährdet die Demokratie“. Die Website soll helfen, dass sich bedrohte lokale Politiker und Politikerinnen nicht allein gelassen fühlen, indem sie sich mit anderen Betroffenen austauschen können.

Auch in Frankreich sind Lokalpolitiker immer häufiger Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt. Laut Innenministerium hat sich ihre Anzahl im Jahre 2020 auf 1300 Vorfälle erhöht und damit gegenüber dem Vorjahr mehr als verdreifacht. Auch hier sind Bürgermeister und Bürgermeisterinnen besonders betroffen. Sie sind zu einer zentralen Anlaufstelle geworden, an der die Leute ihre Wut ablassen, wenn sie Schwierigkeiten haben oder mit einer Entscheidung nicht zufrieden sind.

Angesichts der fortgesetzten Angriffe und Drohungen fordert der Verband der französischen Bürgermeister die Regierung auf, die gewählten Amtsträger besser über ihren rechtlichen Schutz zu informieren und bei Aggressionen entsprechende juristische Verfahren schneller einzuleiten.

In Straßburg erleben wir gerade den konkreten Fall der Oberbürgermeisterin Jeanne Barseghian, über den wir am Samstag berichtet hatten. Beleidigungen und Morddrohungen haben dazu geführt, dass Jeanne Barseghian Personenschutz beantragt hat. Über diesen Antrag entscheidet der Stadtrat am heutigen Montag.

Diese Vorgänge in Deutschland und Frankreich beschreiben leider eine klare Tendenz. Vertreter staatlicher Institutionen erleben in den letzten Jahren einen erhöhten Autoritätsverlust, der den Hintergrund für erhöhte Gewaltbereitschaft bildet. Vertreter von Berufsgruppen anderer Amtsträger wie Polizeibeamte, Gerichtsvollzieher, Lehrer und Lehrerinnen können von ähnlichen Hassausbrüchen berichten.

Bleibt die Frage, ob und wie man die immer stärkeren Wellen des Hasses in der Gesellschaft stoppen kann. Deutschland hat gerade ein Gesetzespaket gegen Hasskriminalität auf den Weg gebracht, das abschreckend wirken und so unter anderem verhindern soll, dass Hass in sozialen Medien zu realer Gewalt führt. Beleidigungen im Netz können mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden, Morddrohungen sogar bis zu drei Jahren. Ob allerdings neue und schärfere Gesetze allein reichen werden?

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