Impfstoff für alle?

Covid-19. Der Wettlauf nach einem Impfstoff und die ethischen Fragen dessen Verteilung.

Wenn es denn eines Tages eineh wirksamen Impfstoff gibt - wer bekommt ihn dann? Foto: Rio Tuasikal (VOA) / Wikimedia Commons / PD

(Karl-Friedrich Bopp) – 90 %? 92%? 94,5%? 95%? Oder darf es noch ein bisschen mehr sein? Während wir beunruhigt zu Hause sitzen, vor allen Dingen niemandem zu nahe kommend, uns ständig die Hände waschens, haben wir eigentlich nur eine Sehnsucht. Leben wir vorher! In solch einer Situation helfen natürlich positive Aussichten. Die genannten Prozentzahlen geben die Wirksamkeit von getesteten Impfstoffen bei Probanden an. Mit anderen Worten, neun von 10 zukünftig Geimpften werden erfolgreich dem Virus widerstehen. Na, wenn das keine herrlichen Aussichten sind…

Ein Blick zurück. Kaum war Anfang des Jahres das Virus bekannt, ging das Rennen los. Binnen kurzer Frist liefen weltweit mindestens 224 Impfstoffprojekte an. Nach elf Monaten Forschungsmarathon sind folgende Firmen dabei, als erste die Ziellinie zu überqueren: die amerikanische Firma „Moderna“ liegt bei 94,5 % Wirksamkeit, die amerikanisch-deutsche Forschungskooperation der Firmen „Pfizer/Biontech“ lag zunächst bei 90 %, fand aber schnell nach der Moderna-Ankündigung heraus, dass ihr Impfstoff eigentlich bei 95 % Wirksamkeit liegt. Und nicht zu vergessen, die 92 % Wirksamkeit des russischen Impfstoffs Sputnik V. Leider liegt die französische Firma „Sanofi-Pasteur“ mit der Entwicklung ihres Impfstoffs nicht in der Spitzengruppe.

Bis jetzt sind die Zahlen lediglich Firmenankündigungen. Impfstoffe müssen vor der Vermarktung von einer Arzneimittelbehörde zugelassen werden. In Europa ist das die Aufgabe der Europäischen Arzneimittelagentur. Sie hatte bis März 2019 ihren Sitz in London, zog aber dann wegen des Brexits nach Amsterdam um. Aufgrund des enormen (gesundheits-)politischen Drucks wird diese Phase wahrscheinlich relativ kurz sein, sodass mit einem zugelassenen Impfstoff bis Ende dieses Jahres durchaus gerechnet werden kann.

Noch bleiben aber Fragen offen. Zum Beispiel, wie lange ist der Impfstoff wirksam? Lebenslang? Oder nur sechs Monate? Ist der Impfstoff auch ausreichend wirksam bei der älteren Bevölkerung? Deren Immunsystem ist oftmals nicht mehr effizient genug, um die notwendigen Antikörper aufzubauen.

Dann folgt die Frage aller Fragen. Die ethische. Wer wird zuerst geimpft? Und in welcher Reihenfolge danach? Im Augenblick geht man davon aus, dass das Pflegepersonal Priorität genießt. Gefolgt von den Senioren und Seniorinnen über 65 Jahre. Danach Personen mit besonderen Gesundheitsproblemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck (immerhin 25 % der französischen Bevölkerung).

Um allerdings eine kollektive Immunität aufzubauen, müssen in einem relativ kurzen Zeitraum mindestens 60 % der Bevölkerung geimpft werden. Das bedeutet 48 Millionen Deutsche und 39 Millionen Franzosen. Ohne Impfpflicht gilt es da echte Überzeugungsarbeit zu leisten.

Gefolgt von dem notwendigen logistischen Geschick. Zum einen bei den Herstellern mit der Produktion. Zum anderen bei der Verteilung innerhalb der Länder. In Deutschland werden zu diesem Zweck gerade in Messen, Flughäfen und Kasernen Hunderte von Impfzentren aufgebaut. Allein in Berlin entstehen im Augenblick sechs solcher Zentren. Parallel werden Helfer eingestellt und Dienstleister beauftragt. Mitte Dezember sollen die Zentren betriebsbereit sein.

Im Umgang mit dem Covid-19 Virus liegen also noch einige große Herausforderungen noch vor uns. Die Covid-19 Episode ist noch längst nicht Geschichte.

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