In wessen Sold stehen die Verfechter des Freihandelsabkommens TTIP?

Vielleicht bringt das über Crowdfunding finanzierte Angebot von 100.000 € für das „Leaken“ des kompletten TTIP-Textes endlich Klarheit über die Motive der EU-Politik, dieses unglaubliche Abkommen so zu fördern.

Julian Assange bietet 100.000 Euro demjenigen, der den aktuellen Text der TTIP-Verhandlungen "leakt". Foto: David G. Silvers / Cancelleria del Ecuador / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Zum Glück gibt es WikiLeaks und vergleichbare Plattformen wie „correctiv.org“. Die denjenigen auf die Finger schauen, die gerade dabei sind, unsere Gesellschaften, Europa und die Welt zu verraten. WikiLeaks hat 100.000 € für denjenigen ausgelobt, der den kompletten Originaltext des geplanten Abkommens weitergibt. Doch Auszüge aus den bisherigen Verhandlungsprotokollen können bereits bei „correctiv.org“ nachgelesen werden.

Denn eigentlich sollten doch Europas Bürgerinnen und Bürger ein Anrecht darauf haben zu erfahren, was da gerade in ihrem Namen verhandelt wird. Doch die zuständige Kommissarin, die Schwedin Cecilia Malström, die noch bei ihrem Amtsantritt „mehr Transparenz“ in den Verhandlungen zum TTIP angekündigt hatte, hat nun kurzerhand beschlossen, diese ihrer Ansicht nach „transparenten“ Geheimverhandlungen noch etwas intransparenter zu gestalten als sie es ohnehin schon sind. Ab sofort will sie keine Zwischenberichte (die bislang alle geleakt wurden) mehr an Abgeordnete in nationalen Parlamenten versenden – denn dann könnte ja die Öffentlichkeit erfahren, was da geplant ist. Am liebsten wäre es den Verhandlungsführern, sie könnten das Abkommen zum Abschluss bringen, ohne dass überhaupt jemand etwas davon erfährt. Was dann die Frage aufwirft, für wen diese Leute in Wirklichkeit tätig sind? Für die Bürgerinnen und Bürger Europas auf jeden Fall schon mal nicht.

Das, was bislang von diesen Geheimverhandlungen durchgesickert ist, deutet darauf hin, dass dieses Freihandelsabkommen außer einer Handvoll superreicher, international tätiger Großkonzerne und deren Aktionären niemanden nützt. Schon gar nicht den Menschen in Europa, denen über diesen Umweg der US-amerikanische Wildwest-Kapitalismus aufs Auge gedrückt wird, in dem so seltsame Konzepte wie „Arbeitnehmerrechte“ oder „Umweltstandards“ keine Rolle mehr spielen. Was erneut die Frage aufwirft, was die europäischen Verhandlungsführer motiviert, diesen Ausverkauf europäischer Errungenschaften zu betreiben. Doch sicher nicht das nirgends verankerte und folglich vage Versprechen auf 0,5 % Wachstum in der Eurozone? Sollten die europäischen Verhandlungsführer, die bereits aus kaum nachvollziehbaren Gründen die Geheimhaltung der Verhandlungen akzeptiert haben, tatsächlich so blauäugig sein, dass sie Europa auf eine hingemurmelte In-Aussicht-Stellung hin den USA die Schlüssel Europas in die Hand drücken? Sollten sie so naiv sein, müsste man sie sofort des Amtes entheben. Sollten sie dies willentlich und aus anderen Beweggründen heraus tun, müsste man sie dafür anklagen, was man „netzpolitik.org“ vorgeworfen hat – Hochverrat. Und beide Optionen sind alles andere als vertrauensbildend.

Doch zum Glück gibt es WikiLeaks und andere Plattformen. Die denen, die sich für die Herren der Welt halten, technologisch und ideologisch weit voraus sind. Unterstützt wird das Projekt „100.000 € für die TTIP-Unterlagen“ von einer Reihe prominenter Whistleblower, aber auch von Prominenten aus verschiedenen Bereichen. Und die Aussichten auf Erfolg stehen gut. Wenn es möglich war, dass aus der NSA heraus jede Menge Dokumente zu Abhörskandalen öffentlich wurden, dann sollten die TTIP-Unterlagen auch ihren Weg in die Öffentlichkeit finden.

Ein gut gehütetes Geheimnis? Pustekuchen – demnächst werden diese Texte im Internet stehen, diejenigen, die sie veröffentlichen, werden von wutschnaubenden Verwaltungen aller möglichen Verbrechen bezichtigt werden und die Öffentlichkeit wird die wahren Motivationen derjenigen erfahren, die gerade den Ausverkauf Europas betreiben. Nach der Ankündigung von Julian Assange dürfte einigen hohen Persönlichkeiten in Europa der Angstschweiß auf der Stirn stehen – denn sie wissen, dass sie am Ende nichts geheim halten können. Die grauen Damen und Herren fangen langsam an zu begreifen, dass die Zeiten, in denen sie uns alle im stillen Kämmerlein hintergehen konnten, zum Ende kommen. Genau wie ihre Karrieren. Go for it, Julian!

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