Interkulturelle Unterschiede zwischen den Parlamenten

Eine Untersuchung unserer Kollegen von Mediapart hat ergeben, dass in Frankreich mindestens 20 % der Abgeordneten Familienmitglieder beschäftigen.

Wer es auf die plüschigen Sessel in der Assemblée Nationale geschafft hat, der teilt eben gerne auch mit der Familie. Foto: Sanula / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(PP) – Mindestens 115 der 577 französischen Abgeordneten in der Assemblée Nationale, dem französischen Parlament, haben ein Familienmitglied in Voll- oder Teilzeit angestellt. Acht von ihnen hatten sogar zwei Familienmitglieder auf der Gehaltsliste stehen. Was in Deutschland wahrscheinlich zu einem großen Skandal führen würde (siehe den bayrischen Landtag…), löst in Frankreich nur ein müdes Achselzucken aus. Oder gleich offene Aggression seitens der befragten Politiker.

52 Ehefrauen, 28 Söhne und 32 Töchter von Abgeordneten können sich laut Mediapart somit über satt dotierte Posten freuen, mit denen der Nachwuchs auch gleich in die richtigen Kreise eingeführt wird. Als ob es die französische Revolution nicht gegeben hätte, ist Macht im Frankreich des Jahres 2014 also immer noch vererbbar.

Stilistisch bemerkenswert war die Reaktion des konservativen Abgeordneten Franck Gilard (UMP), der gleich in die Offensive überging. „Ist das hier eine Hexenjagd oder was“, empörte sich der Abgeordnete, dessen Sohn gerade einen dreimonatigen Sommerjob erhalten hatte, „mit diesen ganzen Geschichten von wegen Transparenz pisst und doch heute jeder auf die Schuhe“. Zugegeben, das Bild hat was.

Doch wie sollte es auch ein einfacher Abgeordneter lernen, wenn sogar der Präsident des Assemblée Nationale, der allseits hoch geschätzte Claude Bartolone (PS) zum Arbeitsvertrag für seine Frau (seit 2012) nur lauschig antwortet: „Ich habe nicht meine Frau eingestellt, sondern meine Sekretärin geheiratet…“?

Das Konzept Macht korrumpiert – so auch in Frankreich. Um im Duktus des Abgeordneten Gilard zu bleiben – wenn man über so viele Jahre in so viele Ärsche kriechen musste, dann will man am Ziel aber auch die Früchte dieser langen Tortur genießen. Das ist dann so eine Art Schmerzensgeld für alles, was ein Politiker auf dem Weg nach oben erdulden musste.

1789 stand das französische Volk auf und entriss den Mächtigen die Macht. Was ist seitdem passiert? Es gibt in der Praxis nach wie vor drei Stände – die Politik mit ihrer Regierung, den Klerus und das Volk, den dritten Stand. Alle drei vermeintlichen Säulen der Gesellschaft sind gerade weit, weit voneinander entfernt. Eigentlich wäre es mal wieder an der Zeit für eine neue französische Revolution. Wenn man bedenkt, dass die nächste Präsidentschaftswahl in Frankreich zu einem Duell Marine Le Pen – Nicolas Sarkozy führen kann, dann hat Frankreich wirklich nicht mehr viel zu verlieren…

2 Kommentare zu Interkulturelle Unterschiede zwischen den Parlamenten

  1. Yveline MOEGLEN // 11. August 2014 um 22:41 // Antworten

    Faut-il vraiment penser et dire qu’il y a corruption lorsqu’un député européen engage un membre de sa famille en tant qu’attaché parlementaire … ???
    Il me semble que la première qualité devrait être : la compétence… !
    S’il fallait réellement interdire tout engagement d’un membre de sa famille en tant qu’attaché ayant compétence alors cela s’appellerait de la « discrimination » …. !!!

  2. Chère Madame Moeglen, voilà le résultat des dernières années – en cas de doute, on a pris l’habitude de soupçonner le pire jusqu’à preuve du contraire, lorsqu’il s’agit des politiques. Très souvent, à juste titre. Parfois injustement. Mais pensez-vous réellement que ses 115 membres des familles des élus soient l’élite intellectuelle de la France. A voir et à entendre certains élus, on ne peut même plus être certain à leur niveau… en tout cas, cela sent tellement le favoritisme…

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