Irgendwas stimmt grade nicht in Frankreich

Die französische Öffentlichkeit wundert sich gerade darüber, wie der Senat mit den „Gelbwesten“ umgeht. Offenbar muss man in Frankreich nur genug Wirbel veranstalten, um gehört zu werden.alten, um gehört zu werden.

Was in Frankreich streng riecht, ist sicher nicht der Käse... Foto: Benoît Prieur / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0

(KL) – Über diesen Vorgang wurden jede Menge Falschmeldungen verbreitet. Angeblich hatte der französische Senat den höchst umstrittenen „Gelbwesten“-Führer Eric Drouet eingeladen, um mit diesem tagesaktuelle Thematiken wie die Privatisierung der Pariser Flughäfen zu diskutieren. Als dieses geplante Treffen öffentlich wurde, wurde es schnell wieder abgesagt. Doch von all diesen Informationen stimmt nur die Hälfte, doch selbst diese Hälfte ist irritierend.

Es stimmt, der Senat wollte eine Delegation der „Gelbwesten“ empfangen, um mit diesen zu sprechen. Als Eric Drouet hiervon erfuhr, lud er sich kurzerhand selbst in diese Delegation ein, was wiederum den Senat veranlasste, den Termin abzusagen. Offenbar, so berichteten die Kollegen von „HuffPost“, auf Betreiben des Präsidenten, der gerade ohnehin ein gespanntes Verhältnis zum Senat hat. Doch je mehr Antworten man auf diesen seltsamen Vorgang erhält, desto mehr Fragen stellen sich.

Der Senat empfängt häufig Experten, Politiker und andere Menschen, um diese anzuhören. Doch nach welchen Kriterien hat der Senat seine Ansprechpartner unter den „Gelbwesten“ ausgewählt? In einer Bewegung, die auch nach fast 5 Monaten stolz darauf ist, keine Sprecher, keine Struktur und keine Verantwortlichen zu haben? Warum diese Delegation und nicht die vom nächsten Verkehrskreisel? Oder soll die ganze Aktion nur dazu beitragen, den Konflikt zwischen der Regierung und den Gelbwesten weiter zu befeuern?

Nach Angaben des Senats soll sich Eric Drouet, der in Frankreich viel Medienpräsenz hat und zu den sehr umstrittenen Personen dieser „Bewegung“ zählt, einfach selbst in diese Delegation eingeladen haben, woraufhin der Senat diese Begegnung abgesagt habe. Auch das ist wenig nachvollziehbar. Wenn schon die umstrittenen „Gelbwesten“ einladen, warum dann Eric Drouet ausladen? Und in welcher Eigenschaft sollte dieses Treffen stattfinden? Die „Gelbwesten“ sollten welche Expertise präsentieren, nachdem sie sich bereits der „Großen Nationalen Debatte“ verweigert hatten? Wie kann es sein, dass der Senat, immerhin die zweite gesetzgebende Kammer des französischen Parlaments, sich von dieser „Bewegung“ das Format des Dialogs diktieren lässt?

Klar, jede Form des Dialogs ist richtig und wichtig. Doch hat man momentan das Gefühl, dass so ziemlich jede öffentliche Kommunikation in Frankreich manipuliert und orientiert ist. Alle tun so, als führten sie einen intensiven und konstruktiven Dialog, doch entwickelt sich dieser Dialog immer mehr zu einer Art „Des Kaisers neue Kleider“ – alle jubeln über einen imaginären Dialog, der aber in Wirklichkeit gar nicht stattfindet. Es gibt in Frankreich nur eine einzige Person, die das Heft des Handelns in der Hand hält und diese Person – handelt nicht, sondern spielt auf Zeit. Die Franzosen, die viel Hoffnung in diese landesweiten Debatten gesteckt hatten, merken immer mehr, dass es sich auch hierbei um eine groß angelegte Kommunikations-Kampagne handelt. Die politischen Parteien tun so, als seien sie enorm mit dem Dialog mit der Bürgerschaft beschäftigt, führen aber in der Praxis lediglich ihre seit Jahrzehnten andauernde Nabelschau weiter.

Und warum sich nach der abgesagten Begegnung Senatoren zu öffentlichen Entschuldigungen hinreißen ließen, das versteht auch niemand. Die „Gelbwesten“ entschuldigen sich ja auch nicht dafür, dass sie seit fünf Monaten jeden Samstag das Land in Brand stecken. Immerhin, der sozialistische Senator Martial Bourquin sagte: „Entschuldigung für das, was da passiert ist. Normalerweise sind wir nicht so“. Und auch diese Entschuldigung dürfte in der französischen Bevölkerung kaum jemand verstehen.

Um einen Weg aus der Krise zu finden, wird mehr erforderlich sein als ein medientaktisches Geplänkel. Was momentan fehlt, ist die Wahrhaftigkeit. Der Weg aus dieser Krise wäre einfacher, würden nicht alle versuchen, besonders schlaue Strategien zu entwickeln, um ihr Ding durchzuziehen. Die Franzosen werden es nur gemeinsam schaffen, doch das ist genau das Konzept, das momentan fehlt – der gemeinsame Wille, das Land wieder richtig aufzustellen. Und um ehrlich zu sein, derjenige, dem dabei die größte Verantwortung zukommt, ist Emmanuel Macron. Und der füllt diese Rolle leider auch nicht richtig aus.

Der Vorfall um den Besuch der „Gelbwesten“ im Senat zeigt eigentlich nur eines – niemand sagt mehr die Wahrheit und offenbar arbeitet auch kaum jemand daran, das Land wieder aus der selbstorganisierten Krise wieder herauszuführen. Und so bereiten sich dann eben alle auf den nächsten „Akt“ am kommenden Samstag vor. Und verschärfen den Konflikt weiter von Wochenende zu Wochenende…

 

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