Ist Angela Merkel auch „En Marche“?

Der Antrittsbesuch des neuen französischen Präsidenten in Berlin war so ganz anders als die bisherigen drei Antrittsbesuche französischer Präsidenten, die Angela Merkel erlebt hat.

Da lag schon etwas Zärtliches im Blick von Angela Merkel... Foto: (c) Présidence de la République / N. Bauer

(KL) – „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, das waren ungewohnt poetische Worte der Bundeskanzlerin Angela Merkel an die Adresse von Emmanuel Macron bei dessen Antrittsbesuch in Berlin. Doch Angela Merkel beließ es nicht bei Zitaten von Herrmann Hesse, sondern wurde überraschend mutig in ihren Erklärungen. Fast hat man das Gefühl, als sei auch die Bundeskanzlerin dem Charme von Emmanuel Macron erlegen…

Antrittsbesuche sind normalerweise eher so etwas wie der Austausch von nichtssagenden Höflichkeiten, die Bestätigung, dass man den Regierungswechsel mitbekommen hat. Immerhin hat das Angela Merkel schon dreimal mit französischen Präsidenten erlebt – sie hat schon mit Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy und François Hollande gearbeitet. Doch mit Emmanuel Macron war das ganz anders.

In nur einem Treffen hat es Macron geschafft, die unter François Hollande auf den Nullpunkt abgekühlten deutsch-französischen Beziehungen mit neuer Dynamik zu behauchen. Dabei ist der gemeinsame Punkt zwischen beiden, dass sie ein stärkeres Europa wollen. Dass allerdings Angela Merkel dann erklärt, dass man bereit sei, auch die Europäischen Verträge zu hinterfragen und notfalls zu ändern, falls dies für gemeinsam von Frankreich und Deutschland initiierte europäische Reformen erforderlich sei, das ist schon sehr ungewöhnlich.

Sollte Emmanuel Macron, der bislang wenig Konkretes geäußert hat, der Heilsbringer Europas werden? Sein Diskurs ist zumindest erfrischend, auch wenn noch niemand weiß, wohin Macron mit Frankreich gerade marschieren will. Doch ist er momentan der Einzige, der sich glaubhaft für europäische Reformen stark macht und die Kanzlerin schien mehr als glücklich zu sein, endlich einen Verbündeten für solche Reformen gefunden zu haben.

Wir erleben gerade eine Art politischen Generationswechsel und Angela Merkel ist erfahren genug um zu merken, aus welcher Richtung gerade der Wind weht. Macron hat seine Wahlen mit dem Thema Europa gewonnen und mit genau dem Thema will Merkel nun auch im deutschen Wahlkampf punkten – da kommt ihr der neue französische Präsident gerade zur rechten Zeit.

Macron legt dabei ein neues französisches Selbstbewusstsein an den Tag, das tatsächlich erfrischend ist. Und nun ist es an der Bundesregierung, Macron nach Kräften zu unterstützen und mit ihm gemeinsam den Weg hin zu mehr Europa zu beschreiten. Auch, wenn niemand so genau weiß, wofür Macron wirklich steht, so wird immer klarer, dass er die vielleicht letzte Hoffnung ist, Europa eine neue, bessere Wendung zu geben. Bevor die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten den Extremisten in die Hände fallen. Wer hätte das gedacht – Angela Merkel ist „En Marche“…

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