Ist der Euro wirklich ein „Teuro“?

Vor 20 Jahren wurde der Euro eingeführt. Seitdem herrscht das Gefühl, daas Leben sei deutlich teurer geworden. Aber stimmt das wirklich?

Nach 20 Jahren fällt das Euro-Fazit überwiegend positiv aus. Foto: Avij / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Die Älteren werden sich erinnern. Vor etwas mehr als 20 Jahren musste man, wenn man durch Europa reiste oder alleine nur zum Einkaufen nach Frankreich fuhr, mehrere Portemonnaies dabei haben. Eines für die gute, alte D-Mark, eines für die französischen Francs und eines für jede weitere Währung. Im Kopf mussten abenteuerliche Umrechnungen gemacht werden und alles war recht kompliziert. Bis der Euro kam.

Das Gefühl, dass das Leben teurer geworden sei, stimmt und dann stimmt es auch wieder nicht. Die Preissteigerungen, mit denen wir leben müssen, betreffen in erster Linie Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Doch an deren Teuerung trägt nicht etwa der Euro die Schuld. Bereits in den 10 Jahren vor der Einführung des Euro betrug die Steigerung der Lebenshaltungskosten in Deutschland 2,2 % (nach Angaben des Statistischen Bundesamts). Seit der Einführung des Euro liegt diese Teuerungsrate jährlich zwischen 1,5 und 1,6 %.

Aber woran liegt dann die permanente Steigerung der Lebenshaltungskosten? Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen steigen ständig die Rohstoffpreise an den internationalen Warentermin-Börsen. Alleine im Krisenjahr 2021 stiegen die Preise für Weizen an der zuständigen Börse in Chicago um 45 %, die für Soja gleich um 85 %. Solche Preisanstiege werden systematisch an die Verbraucher weitergereicht, die dementsprechend mehr bezahlen müssen. Die Börsen-Spekulation trägt also wesentlich mehr zur Preissteigerung bei als der Euro.

Aber es gibt auch Dinge, die durch den Euro deutlich günstiger geworden sind, beispielsweise Elektronikgeräte wie Computer oder Smartphones. Nur kauft man eben solche Dinge nicht so häufig wie Lebensmittel, weswegen man im täglichen Leben durchaus mit kräftigen Preisanstiegen leben muss.

Zwar gibt es in Deutschland immer noch „D-Mark-Nostalgiker“, doch hat die deutsche Wirtschaft insgesamt vom Euro profitiert. Und dazu kommt ein weiterer Punkt, den man nicht unbeachtet lassen darf – der Euro hat eindeutig zur europäischen Kohäsion beigetragen! Die Tatsache, dass man heute in Helsinki, Barcelona, Marseille und Bielefeld mit der gleichen Währung bezahlen kann, hat ein starkes Gefühl des Zusammenhalts gebracht. Europäer, mit ihren Euros in der Tasche, sind seit 20 Jahren immer irgendwie auch ein wenig zuhause, egal, wo sie gerade sind.

Auch, wenn man diesen Aspekt nicht aus den Augen verlieren sollte, ist es durchaus gestattet, Fragen zum Funktionieren der Wirtschaft zu stellen. Die Lebensmittel-Spekulation löst Hungersnöte in Afrika und Preissteigerungen bei uns aus. Gewinner ist dabei immer nur das Großkapital, dessen Credo der reinen Profitmaximierung über Leichen geht. Grundnahrungsmittel sollten generell der Spekulation entzogen werden. Denn die Gewinne der großen Akteure dieser Märkte sind weitaus mehr für Preissteigerungen verantwortlich als der Euro. Und dass wir den haben, ist eigentlich eine ganz schön gute Sache…

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