Ist Emmanuel Macron wirklich der Hoffnungsträger Frankreichs?

Der französische Wirtschaftsminister könnte links der Konservativen zum größten Rivalen von Präsident Hollande werden. Vieles würde dafür sprechen. Auch seine Vorstellungen von Europa.

Emmanuel Macron könnte die Überrschung bei den Präsidentschaftswahlen 2017 in Frankreich werden. Foto: Official Leweb Photos / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Der parteilose Emmanuel Macron ist gar nicht mehr so parteilos – denn Anfang des Monats gründete der französische Wirtschaftsminister eine eigene Partei, die „En Marche“ heißt, was so viel wie „In Bewegung“ bedeutet. Wissend, dass die Franzosen vom ewig gleichen Wechsel „links-rechts“ müde sind, erklärte er auch gleich, dass diese Partei „nicht rechts und nicht links“ sei. Sondern sich irgendwo außerhalb dieser Begrifflichkeiten verortet.

Der größte Trumpf Macrons dürfte sein junges Alter sein, er ist 38 Jahre alt, und dass er daher auch keine politischen Skandale mit sich herumschleppt, wie praktisch alle anderen Kandidaten auf das höchste Staatsamt im Wahljahr 2017. Als Wirtschaftsexperte, der bereits als Investmentbanker bei der Privatbank Rothschild gearbeitet hat, verfügt er über den wirtschaftlichen Sachverstand, von dem viele Franzosen glauben, dass er den anderen Kandidaten fehlt.

Für seinen „Alleingang“ hat Emmanuel Macron den richtigen Zeitpunkt gewählt. Während Präsident Hollande und sein Premierminister Manuel Valls in den Umfragewerten immer weiter ins Bodenlose rutschen, setzt sich Kabinettsminister Macron von den Kollegen ab und macht „sein eigenes Ding“. Dabei hat er gute Chancen, dass die Franzosen sich zumindest anhören werden, was er zu sagen hat und einiges davon ist richtig interessant.

So macht sich Macron für eine „Neugründung“ der Europäischen Union stark und zwar schon in den nächsten 18 bis 24 Monaten. Hierfür schlägt er einen neuen europäischen Vertrag vor, der zuvor Gegenstand demokratischer Debatten in den großen Mitgliedsstaaten der EU sein soll. Der ideale Zeitpunkt hierfür wäre, so Macron, die Zeit nach den Wahlen 2017 in Frankreich und Deutschland. Und wenn er sagt, dass sich Europa verjüngen muss, wer wollte ihm da wiedersprechen? Dass das Europa der 28 nicht mehr funktioniert, das wissen inzwischen alle, weswegen der Ansatz von Macron mit der erste ist, mit dem man sich sinnvoll auseinandersetzen kann. Und der den Vorteil bietet, tatsächlich pro-europäisch zu sein. Und, interessant, er macht sich für eine Art föderalistisches Europa stark, in dem Wirtschafts- und Sozialansätze harmonisiert werden sollen (Renten, Steuern, Sozialsysteme, Mindestlöhne etc.) – würde er jetzt noch den Schritt weitermachen und sich ebenso für eine gemeinsame Festlegung einer europäischen Verteidigungs- und Außenpolitik stark machen, hätten wir tatsächlich ein föderalistisches Europa.

Ansonsten ist es noch eher schwierig herauszufinden, was genau Macron vorhat. Klar, er will Frankreich eine neue Dynamik bescheren, doch das sind Allgemeinplätze, mit denen jeder Kandidat von links nach rechts antritt. Im Raum steht momentan vor allem seine Aussage „ich will mehr für Frankreich tun“, was man kaum anders als eine Ankündigung zur Kandidatur verstehen kann. Jetzt ist er, wie er sagt, in einer Phase, in der er vor allem mit seinen Teams nachdenkt und die nächsten Schritte plant.

Angesichts der endlosen Listen der Kandidaten aller Lager für die kommenden Präsidentschaftswahlen wäre Macron sicher nicht die schlechteste Wahl. Ob er allerdings der ersehnte „Heilsbringer“ für das gerade sehr unruhige Land werden kann, bleibt abzuwarten.

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