Jede Woche wird es schlimmer

Die sozialen Unruhen in Frankreich, die das Land seit 4 Monaten erschüttern, spülen auch alles an die Oberfläche, was eklig und verabscheuungswürdig ist.

Jede Woche neue antisemitische Zwischenfälle in Frankreich - wo führt das hin? Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Muss man sich jetzt jede Woche an antisemitische Übergriffe gewöhnen? An schwülstige Politiker-Posts, die „entschlossenes Durchgreifen“, „exemplarische Strafen“ und eine „Zero-Tolerance-Politik“ ankündigen? Tatsache ist, dass seit Monaten in Frankreich vor allem eines stattfindet – alles, was krude, extremistische und rassistische Gedanken im Kopf hat, will die Gunst der Stunde nutzen und kriecht nun aus seinen Löchern. Die „Gelbwesten“ sind dabei nur der Katalysator, die dafür gesorgt haben, dass man heute in Frankreich nur laut brüllen und aggressiv sein muss, um es in die Nachrichten zu schaffen.

Dass die Stimmung im Land inzwischen von Hass und verbaler Gewalt geprägt ist, dafür sorgen auch weiterhin die extremistischen Kräfte von links- und rechtsaußen, die mit ihren Ultimaten, leicht größenwahnsinnigen Ankündigungen von „Millionen von Demonstranten“ und „Generalstreiks“ diese verstörten Extremisten ermutigen, ihre Aktionen auszuführen. Und wenn mal jemand geschnappt wird, wie der junge Mann, der in Pariser Vorortzügen Hakenkreuze gesprüht hat, dann bekommt derjenige 6 Monate auf Bewährung.

Nach der Profanation des jüdischen Friedhofs in Quatzenheim letzte Woche, war es nun die Stele, die an Les Halles in Straßburg die Stelle markiert, an der die frühere Synagoge Straßburgs von den Nazis gesprengt wurde. Diesen tonnenschweren Stein von seinem Platz zu wuchten, muss ein enormer Kraftakt gewesen sein, an dem sich mehrere Personen beteiligt haben müssen. Auch, wenn die Neonazis es nicht geschafft haben, den Stein zu zerstören, so ist dieser erneute Akt des Vandalismus ein weiterer Schlag ins Gesicht der jüdischen Bevölkerung, der Stadt Straßburg, der französischen Republik.

Nein, niemand behauptet, dass dies das Werk von „Gelbwesten“ war, auch, wenn diese es nicht schaffen, sich von solchen Akten zu distanzieren. Es ist das Klima, das diese orientierungslose Bewegung schafft, das solche kriminellen Elementen ermutigt, ihre widerlichen Taten zu begehen.

Frankreich zelebriert gerade die Lust am Untergang, befeuert von einer Bewegung, die von extremistischen Umstürzlern getragen wird, denen es nicht um sozialen Fortschritt, sondern um den Sturz des französischen Staats geht. Weder beteiligen sich die „Gelbwesten“ an den nationalen Debatten, noch schaffen sie es, sich irgendwie zu organisieren, ihre Forderungen in eine diskussionsfähige Form zu bringen oder alleine auch nur Führungspersönlichkeiten hervorzubringen, die sich klar und verständlich ausdrücken können. Man fragt sich, wo die Nachrichtensender wie BFM oder Cnews jede Woche selbsternannte Sprecher der „Gelbwesten“ finden, die niemand kennt, die für niemanden sprechen, dafür aber jede Menge Zeit erhalten, um wirres Zeug und Drohungen in die Mikrophone zu brabbeln.

Auf der anderen Seite sieht es nicht besser aus. Die französische Regierung ist von der Situation völlig überfordert und auch die One-Man-Show von Emmanuel Macron ändert daran nichts. Für diese Woche hat er große Initiativen zum Thema Europa angekündigt – für den gesellschaftlichen Frieden im eigenen Land hat Macron offensichtlich keinerlei Konzept.

Das wohl einzige Element, das „Gelbwesten“ und Regierung verbindet, ist die Konzeptlosigkeit. Doch diese Konzeptlosigkeit fängt an, enorme wirtschaftliche Schäden zu verursachen, vom Imageschaden für Frankreich ganz abgesehen. Die „neue Welt“, die Präsident Macron vor seiner Wahl versprochen hat, ist noch schlimmer als die „alte Welt“. Das Schlimmste daran ist allerdings, dass Emmanuel Macron durch sein zögerliches Verhalten und seine Weigerung, pragmatisch auf den Wunsch nach mehr sozialer Gerechtigkeit zu reagieren, das Land extremistischen Kräften ausliefert. Dabei schwinden die Chancen, einen guten Weg aus der Krise zu finden, von Tag zu Tag.

Die mittlerweile fast täglichen antisemitischen Zwischenfälle und Übergriffe sind ein Zeichen der Zeit – das offenbar in Paris immer noch nicht erkannt wird. Wann, wie und von wem diese Entwicklung gestoppt werden kann, ist die große Frage. Auf die weder „Gelbwesten“ noch die französische Regierung eine Antwort haben.

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