Jetzt erst Recht – der Straßburger Weihnachtsmarkt findet statt!

Die gesamte letzte Woche wurde diskutiert – soll der 445. Weihnachtsmarkt in Straßburg durchgeführt werden oder nicht? Am Freitag fiel dann die Entscheidung – er findet statt.

Der weltberühmte Weihnachtsmarkt in Straßburg findet nun doch statt - mit großem Sicherheitsaufgebot und einem mulmigen Gefühl. Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Es war eine dieser Entscheidungen, um die man den Straßburger Bürgermeister Roland Ries nicht beneiden konnte. Soll angesichts der aktuellen Terrorbedrohung der traditionelle Straßburger Weihnachtsmarkt stattfinden oder sollte er lieber abgesagt werden? Vor allem, wenn man bedenkt, dass der „Christkindlsmärik“, einer der ältesten Weihnachtsmärkte der Welt, der jedes Jahr über 2 Millionen Besucher nach Straßburg lockt, bereits in den letzten Jahren ein mögliches Terrorobjekt war und nach Angaben aus verschiedenen Quellen bereits Attentate auf diese Riesenveranstaltung im letzten Moment verhindert wurden. Nun findet er also statt, wie der Straßburger OB Roland Ries und der Präfekt der Region Stéphane Fratacci bei einer Pressekonferenz verkündeten.

„Der Weihnachtsmarkt findet statt“, sagte Ries, „denn wir wollen den Terroristen nicht Recht geben“. Doch das war sicher nicht der einzige Grund, diese Großveranstaltung aufrecht zu erhalten. Zahlreiche Unternehmen aus dem Tourismus, der Gastronomie, dem Kunsthandwerk oder der Geschenkeindustrie machen alleine in den vier Wochen des Weihnachtsmarkts ihren halben Jahresumsatz – und der Zeitpunkt für eine Absage hätte Straßburg mehr als empfindlich getroffen. Dies spielte bei den Überlegungen sicher auch eine zentrale Rolle, zumal die Auswirkungen einer Absage diesem Weihnachtsmarkt auf Jahre das Etikett „unsicher“ aufgedrückt hätte, was für die Stadt eine Katastrophe dargestellt hätte.

Doch ganz wohl ist den Verantwortlichen bei dieser Entscheidung sicher nicht. Zwar wird ein „verstärktes Sicherheitskonzept“ angekündigt, das sich sicherlich durch die Präsenz zahlreicher Uniformierter mit kugelsicherer Weste und Maschinenpistole im Anschlag materialisieren wird, doch ist ebenso klar, dass es bei einer Veranstaltung wie dem Weihnachtsmarkt in Straßburg keine echte Sicherheit geben kann. Im Gedränge der Innenstadt, wo die meisten Highlights ohnehin am Abend und in der schön erleuchteten, aber dennoch dunklen City stattfinden, sind weder die Zugänge, noch die Plätze wirklich kontrollierbar, dazu ist dieser Weihnachtsmarkt einfach zu groß. Zwar wird der Tram-Verkehr rund um die Innenstadt stark eingeschränkt, zwar will man die Zugänge „filtern“, doch wer die Straßburger City kennt, der weiß, dass das nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Denn die ganze Straßburger Innenstadt verwandelt sich in diesen Tagen in einen riesigen, dezentralen Marktplatz, der eigentlich kein einzelner Weihnachtsmarkt, sondern ein Patchwork aus ganz vielen Weihnachtsmärkten ist, die alle zusammen hängen und sich über die ganze City erstrecken.

Einige Umorganisationen wird es zwar geben, so verzichtet man beispielsweise auf die „lebendige Krippe“, in der lebendige Tiere stehen sollten, das „Kinderdorf“ wurde gestrichen, ebenso wie verschiedene Begleitaktivitäten. Das „Risiko Null“ gibt es nicht, was auch Roland Ries bestätigte, der dazu ankündigte, dass die extrem eng beieinander stehenden Verkaufs- und Glühweinbuden auf dem Münsterplatz und dem Platz Broglie „entzerrt“ und luftiger, also übersichtlicher gestaltet werden sollen. Das wird allerdings am Abend, wenn sich tausende Menschen durch diese Märkte drängen, die Übersichtlichkeit nur wenig steigern.

Es wird ein seltsamer Weihnachtsmarkt dieses Jahr in Straßburg werden, der zwar unter dem unausgesprochenen Motto „Jetzt erst recht!“ steht, doch die Angst schwingt mit. Die Eröffnung am 27. November durch den französischen Innenminister Bernard Cazeneuve wird dann auch eine Mischung aus Andacht und Eröffnungsfest werden und in Straßburg rechnet man bereits jetzt mit deutlich geringeren Besucherzahlen als in den anderen Jahren.

Ob die Verkürzung des Weihnachtsmarkts, der jetzt nicht bis zum 31. Dezember, sondern nur bis zum 24. stattfinden wird, die Sicherheit bedeutend steigert, sei auch dahin gestellt. Aber gibt es in einer solchen Situation überhaupt eine „richtige“ Entscheidung? Wenn nichts passiert, was natürlich alle von Herzen hoffen, wird sich Ries sicherlich Kritik an der Änderung des Formats anhören müssen, sollte es hingegen zu Zwischenfällen kommen, werden ihm sicher alle vorwerfen, den Weihnachtsmarkt nicht abgesagt zu haben. Das dürften dann vor allem diejenigen tun, die bisher am lautesten seine Durchführung gefordert hatten.

Sei’s drum – die islamistischen Terroristen werden uns nicht vorschreiben, ob wir Weihnachten feiern oder nicht. Und wem das nicht passt, der sollte bitte tunlichst nicht nach Straßburg kommen…

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