Jetzt geht’s los – der Stress in der „Allochardie“ ist programmiert

Nach der Entscheidung des französischen Parlaments zur Fusion der Regionen und der Festlegung von Straßburg als Hauptstadt der neuen Großregion, regt sich nun Widerstand.

Der Sitz der Region Elsass in Straßburg. Auch der Sitz der Hauptstadt der Allochardie? Foto: Denis Helfer / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Jetzt haben alle den Salat. Die einzige Option für die neue ostfranzösische Großregion, die wirklich niemand wollte, wurde im französischen Parlament beschlossen – die Großregion Elsass-Lothringen-Champagne-Ardenne, die „Allochardie“. Damit die aufgebrachten elsässischen Abgeordneten in der Assemblée Nationale Ruhe geben, stimmte das Parlament dann auch gleich einstimmig (!) für Straßburg als neuer Hauptstadt dieser ungeliebten Großregion. Doch nun melden sich auch Lothringen und die Champagne-Ardenne zu Wort – und machen deutlich, dass sie mit der Hauptstadt Straßburg gar nicht so einverstanden sind, wie es anfangs aussah.

Wahlmänner aus den Städten Reims, Epernay, Epinal, Châlons-en-Champagne, Thionville und Metz sind nämlich nun der Meinung, dass Straßburg gar nicht Hauptstadt dieser neuen Region werden soll. Ein Blick auf die Landkarte zeigt warum. Denn diese Städte, die sicherlich der eine oder andere erst einmal auf der Landkarte suchen muss, sind alle ziemlich weit von Straßburg entfernt. Zum Teil so richtig weit. Und zwischen vielen dieser Städte und Straßburg gibt es weder eine kulturelle, noch eine wirtschaftliche und schon gar keine historische Bindung.

Metz, ob, das kennt man noch. Thionville liegt dann an der Autobahn, wenn man von Metz nach Luxemburg fährt. Unschöne Betonklötze säumen den Weg durch Thionville und irgendwie ist man nicht unglücklich, wenn man durch diese Stadt durch ist. Reims? Stimmt. Kurz vor Paris. Schon fast eine Art großer Vorort. Mit einer wunderschönen Kathedrale, in der Könige und Kaiser gekrönt wurden. Und die Hauptstadt der Champagne. Was man unschwer an den vielen Läden erkennt, in denen das edle Gesöff verkauft wird. Das überwiegend in der Gegend um Epernay produziert wird. Epinal? Was das nicht in den Vogesen? Und Châlons-en-Champagne kennt man eigentlich nur, wenn man alt genug ist, dass man früher einmal über die Route Nationale nach Paris gefahren ist. Wenn die Erinnerung nicht täuscht, gab es dort eine feine Fernfahrertränke, wo man reichlich und gut essen konnte. Und all diese Orte sollen künftig also zur gleichen Region gehören wie St. Louis, Mulhouse, Colmar oder eben Straßburg. Das kann ja heiter werden.

Der einfache Verweis auf die Abstimmung in der Assemblée Nationale dürfte nicht ausreichen, um die anderen Städte der „Allochardie“ zu besänftigen. Wenn man bedenkt, dass es für die Volksabstimmung am 7. April 2013 schon nicht möglich war, sich zwischen dem Haut-Rhin und dem Bas-Rhin zu einigen, wo die Verwaltungseinheiten einer gemeinsamen elsässischen Verwaltung ihren Sitz haben sollten, dürften die Diskussionen um die Ausgestaltung der „Allochardie“ intensiv werden. Zumal es um die Ausgestaltung von etwas geht, das keiner haben will.

Umgekehrt muss man auch Städte wie Metz, Nancy oder Reims verstehen, die bis zuletzt in ihren jeweiligen Regionen die wichtigste Rolle spielten. Was wird in dieser neuen Konstellation aus diesen Regionen? Werden sie in einer Art regionaler Bedeutungslosigkeit verschwinden?

Ob es Straßburg am Ende wird, muss man abwarten. Ebenso, wie unklar ist, was künftig aus dem Sitz des Europäischen Parlaments wird. Und was mit der neuen Eurometropole geschieht, die bisher nicht viel mehr als eine hübsch klingende Worthülse ist. Irgendwie fängt das neue Jahrtausend für das Elsass nicht so richtig toll an…

2 Kommentare zu Jetzt geht’s los – der Stress in der „Allochardie“ ist programmiert

  1. Bonjour,

    Waren Sie schon einmal IN Thionville? So wüst wie sie in ihrem Artikel dargstellt wird ist diese Grenzstadt überhaupt nicht. Bei der nächsten Durchfahrt würde ich Ihnen raten, die Autobahn zu verlassen und die Altstadt zu erkunden. Sie werden staunen.

    Schöne Grüsse von einem in Thionville lebenden Strassburger.

    • Sie haben Recht – eine Stadt nur nach ihrer Ansicht von der Autobahn aus zu beurteilen, ist unfair. Ich ziehe alles zurück, was ich über Thionville geschrieben habe und werde das nächste Mal die Stadt erkunden.

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