Jetzt gilt’s!

Am Sonntag findet der erste Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen statt – und es wird Zeit, dass die Schlammschlacht endet...

Wer immer es wird, er (oder sie) wird kaum Präsident(in) aller Franzosen werden... Foto: Guilhem Vellut from Paris, France / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Die Spannung ist groß – wenn am Sonntag um 20 Uhr die Ergebnisse des ersten Wahlgangs der französischen Präsidentschaftswahl auf den Bildschirmen erscheinen, wird es ein großes „ah!“ und „oh!“ geben – denn wer immer auch die beiden Kandidaten sein werden, die zwei Wochen später in der Stichwahl gegeneinander antreten werden, es wird eine Überraschung sein. Und irgendwie wird ganz Frankreich am 7. Mai aufatmen, wenn endlich dieser unterirdische Wahlkampf vorbei sein wird.

Wohl selten hat es in Frankreich einen schlechteren Wahlkampf und ungeeignetere Kandidaten für das höchste Staatsamt gegeben. Während die einen permanent mit der Justiz zu kämpfen haben (Marine Le Pen, François Fillon), die anderen mit leeren Versprechungen antreten (Emmanuel Macron), wieder andere damit leben müssen, von der eigenen Partei im Stich gelassen zu werden (Benoît Hamon), oder aber mit der irrwitzigen Idee antreten, einen Staatenbund mit Venezuela und anderen Exoten einzugehen (Jean-Luc Mélenchon), leiden vor allem – die Franzosen.

Was in den letzten Monaten in Frankreich stattfand, spottet jeder Beschreibung. Die Zutaten zu diesem Wahlkampf würden sich eher für „Denver Clan“ oder eine griechische Tragödie eignen, kaum aber für die Besetzung des Amts, dessen Inhaber die Geschicke Frankreichs in den nächsten fünf Jahren lenken soll.

Die Vorkommnisse in diesem Wahlkampf regen zum Nachdenken an, ebenso wie der Wahlkampf in den USA, in den Niederlanden und auch in Deutschland. Was funktioniert an unserer Demokratie nicht, dass sich bei so wichtigen Wahlen nicht die besten, sondern nur die ehrgeizigsten Kandidaten gegenüber stehen? Wie kann es sein, dass die Wählerinnen und Wähler inzwischen bei Wahlen nur noch die Wahl des „geringsten Übels“ haben? Müssen wir nicht darüber nachdenken, das gesamte Parteiensystem neu zu erfinden?

Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass die wichtigsten Ämter von den besten Leuten besetzt werden – doch das ist längst nicht mehr der Fall. So ist es ein Zeichen der Zeit, dass in Frankreich ein Kandidat wie Emmanuel Macron, dessen Bilanz als Wirtschaftsminister katastrophal ist und der darüber hinaus seine eigene Regierung im Stich gelassen hat, um seine persönlichen Ambitionen auszutoben, alleine damit große Chancen auf das Präsidentenamt hat, dass er behauptet, keiner Partei nahe zu stehen und alles anders machen zu wollen. Dass er kaum eine Vorstellung hat, wie Frankreich zu regieren ist, ist seinen Anhängern egal, Hauptsache anders! Und dieses Zeichen der Zeit sollte man ernst nehmen.

Es sind nicht die Wählerinnen und Wähler, die falsch wählen, sondern es sind die verkrusteten Parteiapparate, die an dieser Misere Schuld sind. Es wäre Aufgabe der Parteien, die wirklich besten, integeren und schlauen Kandidaten und Kandidatinnen aufzustellen, doch das tun sie nicht – stattdessen wird um Posten und Ämter geschachert, es wird taktiert, verraten und manipuliert und am Ende findet man sich mit einer Handvoll Kandidaten wieder, die gemeinsam eine Art „kriminelle Vereinigung“ bilden könnten.

Dass die ehemaligen Volksparteien (die diese Bezeichnung nicht mehr verdienen, da sie das Volk nicht mehr vertreten) damit vor allem sich selbst schwächen und extremistische Rattenfänger stark machen, das scheint man in den Parteizentralen immer noch nicht gemerkt zu haben. Am Sonntag könnte es gut passieren, dass die französischen Wählerinnen und Wähler aber genau so abstimmen, dass die Parteien gar nicht mehr anders können, als sich neu zu erfinden.

Prognosen für diesen ersten Wahlgang abzugeben, das wäre Kaffeesatzleserei. Selbst die Umfragen sind inzwischen manipuliert, da die Umfrageinstitute großen Finanzgruppen gehörten, die bestimmte Kandidaten unterstützen und dabei das Werkzeug der Umfrage geschickt einsetzen, um Dynamik und Stimmungen zu erzeugen.

Wer immer am Sonntag die beiden ersten Plätze belegt und sich somit für die Stichwahl qualifiziert, wird Frankreich nicht einen können. Die Gräben, die dieser katastrophale Wahlkampf aufgerissen hat, sind kaum zu kitten und der nächste Präsident wird mit dieser schweren Hypothek in seine Amtszeit gehen. Dunkle Wolken ziehen über Frankreich auf…

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste