Jetzt hat auch Frankreich keine Lust mehr auf Griechenland

In einem Radiointerview sagte der französische Finanzminister Michel Sapin, dass ein „Grexit“ für Europa kein Drama wäre. Na, dann kann Europa ja jetzt unbesorgt auseinander brechen.

Frankreichs Finanzminister Michel Sapin fände einen "Grexit" nicht schlimm... Foto: Marie-Lan Nguyen / Wikimedia Commons / CC-BY 2.5

(KL) – Es ist schon schlimm, wenn Politiker zum Opfer ihrer eigenen Propaganda werden. Seit der Wahl von Alexis Tsipras und seiner Syriza entdecken die europäischen Politiker, wie dramatisch die Situation in Griechenland ist. Und nachdem die meisten Massenmedien erfolgreich das Bild der „faulen Griechen“ in die Köpfe der Menschen gepflanzt haben (griechische Arbeitnehmer arbeiten übrigens die meisten Wochenstunden in Europa…), fangen unsere Politiker an, genau diesen Blödsinn selbst zu glauben. Dabei sollte sie eigentlich besser als andere wissen, dass von den hohen Milliardenbeträgen, die nach Griechenland geflossen sind, kaum 10 % tatsächlich im griechischen Haushalt gelandet sind, während der Rest bei Banken gelandet ist, bei denen die Vorgänger der Syriza ungehemmt Kredite aufnehmen konnten.

Der Umstand, dass die Syriza und Tsipras diese griechischen Schulden gar nicht zu verantworten haben, dafür aber seine Vorgänger wie der Konservative Samaras von der europäischen Politik verhätschelt wurden, daran erinnert sich niemand mehr. Umso erstaunlicher, dass jetzt die französische PS, die bis vor kurzem noch als „linke“ Partei galt, sich allerdings auf ihrem Parteitag am Wochenende als liberale Kraft rechts von der FDP geoutet hat, der linken Regierung in Griechenland von hinten in die Wade grätscht.

„Es wäre kein Drama für uns, wenn Griechenland den Euro verließe“, erklärte Sapin, „aus finanzieller oder ökonomischer Sicht wäre das nicht schwerwiegend“. Wie bitte?! Und was ist mit der politischen Sicht? Was ist mit der politischen Sicht? Und was ist mit der Tatsache, dass man Griechenland gar nicht aus dem ach so exklusiven Euro-Club hinauswerfen kann?

Die Luft wird dünn für das Griechenland von Alexis Tsipras. Der Hauptvorwurf, den man ihm machen kann, ist dass er für eine linke Regierung steht, eine Regierung, die nicht länger bereit ist, das Wohlergehen des Volks auf dem Altar der internationalen Großfinanz zu opfern. Und es stellt sich die Frage, was aus der französischen Sozialistischen Partei geworden ist. Gerne erinnert man sich an das Jahr 2012 zurück, als François Hollande am Abend seiner Wahl strahlend verkündete, dass er sich nun das wild gewordene Banken- und Finanzwesen vorknöpfen wolle. Inzwischen ist die PS ins neoliberale Lager gewechselt, betet brav der Vorbeterin Angela Merkel nach und der frühere PS-Minister Arnaud Montebourg hat Recht, wenn er frustriert feststellt: „Die Franzosen haben 2012 eine linke Regierung gewählt und jetzt hat diese linke Regierung ein rechtes Programm“…

Aber ist das ein Grund, offen das europäische Projekt zu sabotieren? Würden sich alle mit dem gleichen Elan auf Griechenland stürzen, wäre heute noch der Konservative Samaras an der Macht? Frankreich reiht sich also bei denen ein, die lieber Gewinn machende Finanzmärkte als ein solidarisches Europa haben. Dann kann man ja gleich wieder rechts wählen…

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