Kann „Big Money“ zur Rettung des Planeten beitragen?

Die Europäische Zentralbank (EZB) – ein Partner zur Rettung des Klimas?

Wird die Europäische Zentralbank zum "grünen Weltenretter"? Foto: Warburg1866 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(Karl-Friedrich Bopp) – Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main ist eine der wichtigsten Institutionen, die im Augenblick der Covid-19-Pandemie die europäische Wirtschaft überleben lässt. Bis 2022 hat sie schon mal 2500 Milliarden Euro lockergemacht. Dieses Geld erlaubt den Mitgliedstaaten Geld mit Null-Prozent Zins zu leihen und trägt damit indirekt dazu bei, das Kurzarbeitergeld zu zahlen oder andere staatliche Hilfen zu ermöglichen.

Wenn eine sanitäre Notlage wie der Ausbruch der Covid-19-Pandemie die Freigabe einer solchen Geldmenge möglich macht, warum nicht auch der bedrohlich voranschreitende Klimawandel? Müssten nicht ähnliche Summen eingesetzt werden, um den Klimawandel zumindest aufzuhalten? Die Präsidentin der EZB, die Französin Christine Lagarde, hat die Frage in den Raum gestellt.

Sie hat damit die Wirtschafts- und Finanzwelt aufgeschreckt. Darf Frau Lagarde solch eine Frage überhaupt stellen? Die zentrale Aufgabe der EZB sei doch die Wahrung der Preisstabilität. Das bedeutet, dass die Inflation niedrig gehalten werden muss und die Stabilität an den Finanzmärkten gesichert wird.

Aber gerade hier setzen die Argumente von Frau Lagarde ein. Nach ihrer Ansicht wird der Klimawandel auf lange Sicht die Preisstabilität und das Finanzsystem bedrohen. So zum Bespiel könnte eine lang andauernde Dürreperiode, die den europäischen Kontinent austrocknen lässt, zu erheblichen Marktturbulenzen führen. Daher sei der Klimawandel auch bei der Geldpolitik zu berücksichtigen.

Wenn man die Argumente von Frau Lagarde näher beleuchtet, ist man erstaunt, was die Geldpolitik der EZB in der Tat heute schon bewerkstelligen könnte. Zum Beispiel könnte die EZB nur noch Anleihen von klimafreundlichen Unternehmen kaufen. Solch ein Vorgehen hätte die Konsequenz, dass der Preis grüner Anleihen steigen würde und solche Unternehmen es dann leichter hätten, sich über die Ausgabe neuer Anleihen zu finanzieren. Manche Experten sind überzeugt, dass solch eine Vorgehensweise die ökologische Transformation unserer Wirtschaftsordnung vorantreiben würde.

Eine weitere Möglichkeit der EZB wäre es, in der Zukunft Geld leihende Banken zu verpflichten, Klimarisiken bei der Vergabe von Krediten an Unternehmen stärker zu berücksichtigen. Kommt zum Beispiel die Energiewende voran, wird die Kohleindustrie in Schwierigkeiten geraten. Hat aber eine Bank Anleihen solcher Unternehmen als Sicherheit, sind sie praktisch nichts mehr wert.

Das Hauptargument der Kritiker von Frau Lagarde ist, dass der EZB die demokratische Legitimierung fehlen würde. Über demokratische Wahlen könnte die Bevölkerung keinen Einfluss auf die EZB nehmen. Würde die EZB Anleihen „grüner“ Unternehmen bevorzugen, würde sie in Entscheidungen eingreifen, die der Politik vorbehalten bleiben sollten. Doch bei genauer Betrachtung läuft dieses Argument ins Leere. Hat die Europäische Union nicht gerade auf demokratische Weise einen „Green Deal“ auf den Weg gebracht?

Auch für Klimaschützer ist die mangelnde demokratische Legitimation kein Argument. Natürlich bliebe die Hauptaufgabe für verantwortliches Handeln in den Händen der Politik. Aber vor der kolossalen historischen Aufgabe der Bekämpfung des Klimawandels sei jede Institution gefragt.

Frau Lagarde hat in Auftrag gegeben, dass die EZB bis zum Herbst dieses Jahres ihre neue geldpolitische Strategie formuliert. Dann wird auch entschieden werden, ob der Klimaschutz Teil dieser Strategie wird. Im Interesse des Überlebens von uns allen und der Menschheit allgemein kann man Frau Lagarde nur wünschen, dass sie ihre Gremien von ihrem Vorhaben überzeugen kann.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste