Kann die FDP weiter ihre Klientel schützen?

Am Thema „Übergewinnsteuer“ kommt auch die Bundesregierung nicht vorbei. Einzig die FDP sträubt sich mit Händen und Füssen dagegen, dass Krisengewinnler zur Kasse gebeten werden.

Wenn es um Heißluft geht, kennt sich die FDP gut aus. Aber nicht so sehr, wenn das Thema die Lebensrealitâten der Bürger sind. Foto: 4028mdk09 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die Frage der „Übergewinnsteuer“, wie sie zahlreiche europäische Länder bereits eingeführt haben, wird zur Belastung für die Berliner Koalition. Unter „Übergewinnsteuer“ versteht man eine Sondersteuer auf extreme Gewinne, die vor allem von Energiekonzernen, aber auch anderen, durch die aktuellen Mehrfachkrisen ausgelöst werden, ohne dass diesen Gewinnen eine besondere Leistung zugrunde läge. Anders gesagt, hohe Gewinnmitnahmen im Rahmen der Krisen, sollen besteuert werden, denn es gibt keinen Grund, warum beispielsweise die Mineralölfirmen von staatlichen Maßnahmen und ständigen Preiserhöhungen profitieren sollen, ohne, dass sich ihre eigenen Kosten bedeutend erhöht hätten. In anderen Ländern geht man mit diesen asozialen Krisengewinnlern weniger zimperlich um als in Deutschland. Ob die FDP das noch lange durchhält?

Vielleicht sollte mal jemand der FDP mitteilen, dass wir nach der Pandemie nun einen Krieg vor der Haustür haben, der seit einem Jahr bestimmte Energieträger um fast 100 % verteuert hat. Das trifft natürlich in erster Linie sozial schwache Menschen, also nicht unbedingt die Klientel der FDP, deren Hauptaugenmerk darauf gerichtet ist, dass diejenigen Unternehmen, denen die Partei nahesteht, sich jetzt mal so richtig die Taschen füllen können. Das einzige Argument, das die FDP ins Feld führt, ist dass eine Übergewinnsteuer der „staatlichen Willkür Tür und Tor“ öffnet.

Das Gegenargument, vorgetragen von der SPD-Chefin Saskia Esken, ist da schon pragmatischer. Esken vertritt die Ansicht, dass Entlastungen für die Verbraucher durchaus über eine solche Übergewinnsteuer finanziert werden könnten. Ihr und der SPD geht offenbar gegen den Strich, dass sich Unternehmen die Taschen füllen, „die ohne eigene zusätzliche Leistung von der Krise profitieren“. Und immerhin, mit einer solchen Steuer stünde Deutschland nicht alleine da: „Viele europäische Partner haben es uns vorgemacht und eine Übergewinnsteuer erfolgreich eingeführt“, so die SPD-Chefin gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“.

Doch in der Berliner Koalition kriselt es unübersehbar. Bundeskanzler Scholz, der momentan alles brauchen kann, aber keine Koalitionskrise, winkt bereits ab, während der Grüne Robert Habeck einer solchen Idee einer Übergewinnsteuer positiv gegenüber steht.

Doch während die FDP die Debatte am liebsten sofort beenden würde und bereits das Schreckgespenst des „Endes der sozialen Marktwirtschaft“ an die Wand malt, versteht man in der Bevölkerung nur so viel, als dass man permanent solidarisch zur Kasse gebeten wird, während die großen Energiekonzerne maximale Gewinne einfahren, die sich nicht einmal durch ihre Kostenstruktur erklären lassen, sondern lediglich mit der Lust an extrem hohen Gewinnen für die Aktionäre.

Lange wird dieses System nicht mehr gutgehen. Wenn sich 0,1 % der Bevölkerung im Rahmen von Krieg, Pandemie und Klimakatastrophe die Taschen füllen, was von 99,9 % der Bevölkerung finanziert werden muss, dann handelt es sich um ein nicht mehr zeitgemäßes Gesellschaftsmodell, das entweder geändert oder gewaltsam auf der Straße abgeschafft werden wird. Die FDP hat noch nicht so ganz begriffen, dass in Zeiten, in denen es am Monatsende für mehr als 20 % der Bevölkerung existentiell knapp wird, den Menschen die Rettung der sozialen Marktwirtschaft wohl ziemlich egal ist. Sollten die Liberalen vorhaben, sich noch ein wenig länger in der deutschen Politik herumtreiben zu können, wäre es wohl günstiger, die Partei würde ab und zu die Interessen der Bevölkerung und nicht nur der befreundeten Unternehmen berücksichtigen. Aber das scheint gerade nicht auf der Agenda der FDP zu stehen.

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