Kann Europa nicht einmal gemeinsam trauern?

Mit einer enorm würdevollen Feier nahm Frankreich Abschied von den Opfern der Terroranschläge von Paris. Wie schade, dass die europäische Solidarität nicht zu einem gemeinsamen Gedenktag ausreicht.

Frankreich trauert sehr würdevoll um seine Opfer. Europa beschränkt sich darauf, nur zuzuschauen. Foto: (c) Présidence de la République

(KL) – Klar, wir haben die Trauerfeier vor dem Invalidendom in Paris im Fernsehen verfolgt. Wir haben gesehen, wie bewegt Präsident François Hollande bei seiner Ansprache war, wie er von den 130 Opfern der Terroranschläge von Paris sprach, wie er mit den Tränen kämpfte, wie er mit seinen Worten den Angehörigen und Freunden der 130 Toten von Paris, aber auch ganz Frankreich versuchte Mut zu machen. „Wir ergeben uns weder der Angst, noch dem Hass“, sagte Hollande. Und wo war Europa in diesem Moment? Wie wenig Europa eine Realität ist, wurde am letzten Freitag noch einmal deutlich. Denn dieser Tag wäre ein Tag gewesen, an dem ganz Europa seine Solidarität mit Frankreich und den Franzosen hätte zeigen können.

Ganz Frankreich hatte sich in den Landesfarben Blau-Weiß-Rot ausgeschmückt, in den Fenstern der Häuser sah man diese Farben, als Zeichen der Einheit, als Zeichen des Willens, sich nicht der Angst vor dem Terror zu ergeben. Angesichts der Tatsache, dass die Anschläge von Paris eben nicht nur Frankreich galten, sondern der ganzen westlichen Welt, hätte man, wenn man daran gedacht hätte, auch einen europaweiten Gedenktag organisieren können. Das wäre eine Nachricht an unsere französischen Freunde gewesen, die man dort sicher positiver registriert hätte als das Wissen darum, dass die Fernsehanstalten der Welt das Ereignis filmten.

François Hollande ging in seiner Ansprache auch auf die vielen Gesten der Solidarität zwischen den Menschen ein, die nach dem 13. November registriert wurden. Für diese Bewegung der Menschen aufeinander zu gibt es ein Wort – Brüderlichkeit. Wie unendlich schade, dass sich diese Brüderlichkeit nur auf das Verhältnis der Franzosen untereinander zu beschränken scheint. In anderen europäischen Ländern scheint dagegen die Betroffenheit, ähnlich wie nach den Anschlägen auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ eher ein Modetrend zu sein. So trägt man heute eben statt modischen T-Shirts mit dem Aufdruck „Je suis Charlie“ eben T-Shirts mit dem Aufdruck „Je suis Paris“. Aber – ganz offensichtlich sind wir nicht Paris.

Die Angst vor dem Terrorismus hat sich inzwischen in ganz Europa breit gemacht. Die Nervosität ist spürbar, doch offenbar geht es jedem am Ende des Tages doch nur um sich selbst. Man teilt wohl die Angst, nicht jedoch die Trauer und Betroffenheit. Frankreich und Europa haben mehr verdient als diese angsterfüllte Gleichgültigkeit. Jedes Opfer hat Mitgefühl verdient und wir alle würden stärker in dieser schwierigen Zeit dastehen, würden wir das leben, was François Hollande in Frankreich festgestellt hat – Brüderlichkeit. Doch dafür scheint in Europa schon länger kein Platz mehr zu sein. Wie schade.

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