Kasachstan – auch hier sieht man Putins Handschrift

Die Situation in Kasachstan wird immer dramatischer. Und hinter den blutigen Ereignissen in Almaty erkennt man erneut den „Masterplan“ von Wladimir Putin.

Auch der kasachische Weltraumbahnhof Baikonur gehört zu den Dingen, die Wladimir Putin sehr interessieren... Foto: NASA / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Schiessbefehl in der kasachischen Metropole Almaty, wo die Polizei den Befehl hat, „ohne Warnung tödliche Schüsse abzugeben“, um die Demonstranten gegen das durch und durch korrupte System „zu eliminieren“. Ausgangspunkt der Revolte war, wie 2018 in Frankreich zu Beginn der „Gelbwesten-Revolte“, die Erhöhung des Gas- und Benzinpreises. Doch inzwischen haben sich die äußerst militanten Proteste in einen blutigen Aufstand ausgeweitet, mit Dutzenden Toten auf beiden Seiten. Und – als erstes Zwischenergebnis steht die Rote Armee mit 2500 „Friedenssoldaten“ in Kastachstan. Putins Traum einer „UdSSR 2.0“ wird immer konkreter.

Der offizielle Diskurs von Präsident Tokajew spricht von „20.000 Terroristen“, die es zu „eliminieren“ gilt. Diese seien bestens organisiert und daher habe er den Schießbefehl erteilt. Und es passierte genau das, was Wladimir Putin bereits in Belorus praktiziert hatte – es erfolgte die „Bitte um Unterstützung aus einem Bruderland“ und sofort setzte sich die Rote Armee in Bewegung.

Russlands Interesse an Kasachstan ist groß, denn das zentralasiatische Land ist reich an Bodenschätzen und Ressourcen und Putin verfolgt auch ein geostrategisches Ziel in Kasachstan. Für Moskau ist es wichtig, dass die von Turk-Völkern bewohnten ehemaligen Sowjetrepubliken wie Tadjikistan, Usbeskistan, Turkmenien, Kasachstan und andere nicht unter den Einfluß der Türkei fallen, die kulturelle, sprachliche und historische Verbindungen zu diesen Ländern pflegt und Gegenstand eines Traums eines „Ottomanischen Reichs 2.0“ Erdogans sind. Auf eine Art und Weise verfolgen Putin und Erdogan einen ähnlichen Plan – sie wollen ihre Länder zu alter Größe und Stärke führen, auch, wenn eigentlich jeder weiß, dass man die Geschichte nicht zurückdrehen kann.

Wladimir Putin ist heute mit seiner Armee in jedem Unruheherd Zentral- und Osteuropas und Zentralasiens vertreten, eben dort, wo die heute unabhängigen Länder früher Republiken der Sowjetunion waren. Doch konnte Putin in Belorus, den baltischen Staaten und der Ukraine noch anführen, dass er Angst habe, wie die NATO immer näher an Russland heranrückt, so zählt dieses Argument im zentralasiatischen Kasachstan nicht. Dort geht es um handfeste, finanzielle Interessen und eben den „Masterplan“, die UdSSR wieder zum Leben zu erwecken.

Die Reaktionen des Westens auf diesen neuen Unruheherd sind, wie so oft, lauwarm. Die Bundesrepublik kündigte an, Waffenlieferungen nach Kasachstan zu stoppen (ach ja, wir liefern Waffen an Diktator Tokajew?!). Ansonsten gibt man sich beunruhigt und empört, doch niemand traut sich so recht, auch die Rolle Putins in diesem neuen Konflikt zu hinterfragen. Und so lange diese früheren Sowjetrepubliken unsere Waffen kaufen, möchte auch niemand allzuviel Wirbel machen. Immerhin, jeder Tote von Almaty sichert Arbeitsplätze bei uns.

Die Welt steht vor einer Neuordnung und da ist es in der Tat beunruhigend, dass China ganz offiziell das „effektive Vorgehen“ Tokajews gegen die Demonstranten lobt und somit deutlich signalisierte, dass das an Kasachstan grenzende China nicht im Geringsten beabsichtigt, sich dort einzumischen. China und Russland haben viele gemeinsame Interessen und einen gemeinsamen „Feind“ – die USA und den Westen. Hier werden gerade die Karten neu gemischt und der Westen muss gut nachdenken, wie er mit dieser Situation umgehen will – denn die wichtigsten Quellen fossiler Energieträger befinden sich östlich von Moskau, dort, wo Russland versucht, seinen früheren Einfluss wieder aufleben zu lassen. Mit lauwarmen Erklärungen wie der von Olaf Scholz, der lediglich Kasachstan darum „bat“, man möge doch zu einer „friedlichen Weiterentwicklung im Land zurückkehren“, wird man weder Putin, noch Tokajew beeindrucken können.

Januar 2022. Die Lage der Welt spitzt sich immer mehr zu. Man muss schon sehr großer Optimist sein, um noch davon auszugehen, dass 2022 ein „tolles Jahr“ werden wird…

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