Kaufkraft oder Kaufrausch?

Beim großen Straßen-Schlussverkauf am Samstag in Straßburg wurde einmal mehr deutlich, dass die Weltkrisen zweitrangig sind – solange man nur konsumieren kann.

Viel. Billig. Konsumieren. Aber wie lange noch? Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird das Thema „Kaufkraft“ nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Denn Klimawandel, Pandemien und Krieg werden dafür sorgen, dass die Menschen vorsichtiger mit ihrem Geld umgehen, statt sich in Konsumorgien wie am letzten Samstag zu stürzen. Und so genossen viele am Samstag den Rush durch die Innenstadt, angelockt von günstigen Preisen für überwiegend jämmerlich schlechte Produkte.

Der Straßen-Schlussverkauf („Grande Braderie“) am letzten Juli-Wochenende des Jahres hat Tradition in Frankreich, in verschiedenen Städten wie Lille und Straßburg hat er geradezu Volksfest-Charakter. Doch ist auch die Braderie nicht mehr das, was sie einmal war. Ähnlich wie beim amerikanischen „Side Walk Sale“ nutzten früher die Geschäfte diesen Tag, um ihre Lager zu unschlagbaren Preisen zu räumen und Platz für neue Waren zu schaffen. Heute ist das nur noch sehr begrenzt so – stattdessen bevölkern fahrende Händler die Innenstädte und verramschen minderwertige Ware zu günstigen Preisen.

Doch „Konsum“ als Freizeitbeschäftigung hat immer noch eine hohe Attraktivität in der Gesellschaft. So schoben sich am Samstag unglaubliche Menschenmassen dicht an dicht durch die Straßburger Innenstadt, ein Anblick, der jedem Epidemiologen das Blut in den Adern gefrieren lassen musste. Egal, egal, wenn es darum geht Schnäppchen zu machen, ist Gesundheit nur zweitrangig.

Doch die Logik will, dass wir uns daran gewöhnen, weniger zu konsumieren, zumindest die unteren Gesellschaftsschichten. Denn die Inflation geht munter weiter und trifft natürlich zuerst diejenigen, die ohnehin am wenigsten besitzen. Hier ist die Kaufkraft ein echtes Thema, denn es gibt bereits heute Familien, die ab dem 22. oder 23. des Monats improvisieren müssen, um die Familie ernähren zu können.

Der einzige Weg, um massive soziale Unruhen zu vermeiden, besteht in verstärkten sozialen Maßnahmen. Es wird schwierig für die Bevölkerung zu verstehen, warum wir in der Lage sind, Milliarden in einen Krieg zu pumpen, der uns nur peripher etwas angeht, es aber nicht klappt, die sozial Schwächsten mit Obdach und Lebensmitteln zu versorgen.

Und so war die „Grande Braderie“ am Samstag nicht nur eine Gelegenheit, das eine oder andere Schnäppchen zu machen, sondern auch für ein paar Gedanken, wie es weitergehen soll. Und hier erkennt man deutlich, dass bereits in den kommenden Wochen und Monaten ein massives Umdenken erforderlich ist – denn so, wie die Dinge gerade laufen, fahren wir mit Vollgas in die Mauer.

2 Kommentare zu Kaufkraft oder Kaufrausch?

  1. Ein Krieg, der uns nur peripher was angeht??? Lieber Herr Littmann, Ihr Sinneswandel ist schon erstaunlich. Wie sagte man noch damals? « Mourir pour Dantzig? ».

    • Sie wissen, was ich meine. Natürlich treffen uns die Konsequenzen dieses Krieges auch, aber haben Sie wirklich das Gefühl, dass wir zu den Ereignissen dieses Krieges gefragt werden? Selesnky hat uns sehr geschickt in die Rolle der “nützlichen Idioten” gedrückt, die lediglich dazu da sind, Geld und Waffen zu liefern. Ansonsten habe ich keinerlei Kenntnis darüber, dass es westliche Gesprächsrunden zusammen mit der Ukraine gibt, um Strategien zur schnellen Beendigung dieses Kriegs zu entwickeln. Insofern geht uns dieser Krieg, zu dem wir nichts zu sagen haben, eben nur peripher etwas an. Das könnte sich ändern, wenn eines Tages der Westen konkreter Stellung nehmen würde als mit dem inzwischen ausgeleierten “Putin darf auf keinen Fall gewinnen”. Schauen Sie sich den aktuellen Frontverlauf an und Sie werden feststellen, dass Putin, aller siegessicheren westlichen Propaganda zum Trotz, bereits die Teile der Ukraine erobert hat, die er will. Noch nicht alle, aber grosse Teile. Hat der Westen ein Mitspracherecht? Die einzigen, die konkret mit den Russen verhandeln, sind die Türken. Wir nicht. Für Selensky sind wir nur der Zahlmeister, ansonsten interessiert ihn herzlich wenig, was der Westen denkt. Da ähnelt er durchaus dem Aggressor Putin – nur, so wird es ein jahrelanger Krieg werden und vielleicht lohnt sich ein BlIck in die Geschichtsbücher, um sich zu erinnern, was ein Weltkrieg eigentlich ist und was für Folgen er hat. Und dann sollte man noch einmal nachdenken, ob man wirklich hinter Selensky in diesen III. Weltkrieg taumeln will. Und da findet bei uns kein Sinneswandel statt, wir schreiben seit Monaten, dass man den italienischen Friedensplan ernsthaft diskutieren sollte. Aber das will weder Russland, noch die Ukraine.

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