Keine deutschen Fans in Wembley

Beim Achtelfinale England – Deutschland am kommenden Dienstag wird es so gut wie keine deutschen Fans im Stadion geben. Und das ist vielleicht auch ganz gut so…

Kein Durchkommen für deutsche Fussball-Fans - und das ist sehr vernünftig. Foto: Schumi4ever / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Klar, England – Deutschland, in einem KO-Spiel eines großen Turniers, das hat was. Eine tolle Paarung, nur findet diese leider mitten in einer Pandemie statt, in der in praktisch allen Ländern immer noch strenge Einreise- und Quarantäne-Regeln herrschen. Und da in England eine 10-Tage-Quarantäne für Einreisende herrscht, fällt für deutsche Fans das Spiel im Wembley-Stadion eben aus. Angesichts der „Delta-Variante“ des Coronavirus ist das die vermutlich sicherste Lösung, vor allem wenn man bedenkt, dass in vielen Ländern, die deutlich höhere Impfquoten aufweisen als die europäischen Länder, die sanitären Maßnahmen gerade schon wieder verschärft werden. Dass einige deutsche Politiker nun fordern, man möge die englischen Einreisebestimmungen für deutsche Fußball-Fans aussetzen, ist eine populistische und unverantwortliche Forderung.

„In Deutschland liegt die Inzidenz aktuell unter 10“, wetterte der FDP-Politiker Michael Theurer und forderte deshalb, dass man deutsche Fußball-Fans am Dienstag ohne Quarantäne nach England einreisen lassen solle. Ziemlich kurz gedacht – denn einerseits wollen sich die Briten dagegen schützen, dass Infektionen aus dem Ausland nach England eingeschleppt werden, zum anderen sollten sich aber auch andere Länder vor der in Großbritannien grassierenden „Delta-Variante“ schützen. Denn schon sind erste Fälle bekannt geworden, in denen sich die gerade kreuz und quer durch Europa reisenden Fußball-Fans in Stadien angesteckt haben und dann das Virus als „Souvenir“ mit nach Hause bringen und dort wieder verbreiten.

Glauben die Menschen wirklich, dass die Pandemie vorbei ist, nur weil die UEFA entschieden hat, dass TV- und Werbeeinnahmen wichtiger sind als die Gesundheit Europas? Reichen die Beispiels aus anderen Ländern nicht, wo man mit den Impfkampagnen bereits wesentlich weiter ist, aber dennoch wieder steigende Fallzahlen registriert und deswegen vernünftigerweise wieder sanitäre Maßnahmen ergreift, ohne dabei gleich wieder das ganze öffentliche Leben lahmzulegen? Ist es so schwer, die Lockerungen mit einem Mindestmaß an Vernunft zu organisieren?

Diejenigen deutschen Fans, die ihren Wohnsitz in Großbritannien oder Irland oder auf den Kanalinseln haben, dürfen ins Stadion. Die anderen nicht. Und das ist gut und richtig. Denn hier geht es um Fußball, den Sport, der wegen der Pandemie seit einer Saison in leeren Stadien ausgeübt wird, beziehungsweise im Amateur- und Jugendbereich komplett zum Erliegen gekommen ist. Die pandemiebedingte Unterbrechung des Amateur- und Jugendsports diente dazu, die Verbreitung des immer noch aktiven Virus zu stoppen und das ist durch einen Mix an Maßnahmen bislang ganz gut gelungen. Sollen jetzt etwa 17 Monate der kollektiven Einschränkungen und individuellen Opfer ein paar Tausend Fußball-Fans geopfert werden, damit diese 90 Minuten lang ihr Team anfeuern können, um danach eventuell die Propagation des Virus wieder anzuheizen?

Hier geht es nicht etwa um höhere und übergeordnete Interessen, sondern um Fußball. Und zwar um ein Turnier, an das wir uns noch lange erinnern werden, denn die Chancen, dass diese EURO 2021 zu einem Superspreader-Event wird, der die Pandemie wieder anheizt, stehen hoch. Im alten Rom gab es „Brot und Spiele“ und das scheint auch 2021 wieder der Fall zu sein. Schade nur, dass die Engländer nicht konsequent genug waren, diese strikten Einreiseregeln auch für die 2500 VIP-Gäste der UEFA für die Finalspiele aufrecht zu erhalten. Aber wenn es um Geld geht, spielt die Gesundheit keine Rolle.

Eines ist allerdings klar – wenn im Frühsommer in Europa die Infektionszahlen wieder ansteigen, sollte man die Rolle der UEFA sehr genau untersuchen. Denn der Zynismus, mit dem der Kontinentalverband die europäische Volksgesundheit gefährdet, ist beispiellos. Der Weltverband FIFA und die UEFA hangeln sich von Korruptionsskandal zu Korruptionsskandal und langsam wäre es an der Zeit, diese Verbände entweder komplett auszumisten, oder aber die Gründung alternativer Verbände in Erwägung zu ziehen.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste