Keine gute Woche für Europa

Nicht nur die Coronakrise belastet uns in der neuen Woche in Europa – auch die Präsidentschafts-Wahlen in den USA könnten sich negativ in Europa auswirken.

Applaudiert sich gerne selbst - Donald Trump... Foto: Gage Skidmore from Peoria, AZ, United States of America / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Erleben wir in dieser Woche den Sündenfall der westlichen Demokratie? Die Chancen auf eine zweite Amtszeit von Donald Trump stehen hoch, auch oder gerade weil die Umfragen Joe Biden vorne sehen. Momentan mit 52% zu 43%. Das war vor vier Jahren gegen Hillary Clinton auch so, nur dass dieses Mal Donald Trump bereits angekündigt hat, im Falle einer Wahlniederlage das Weiße Haus nicht verlassen zu wollen. Sollte dieser Fall eintreten, dürften auch bei den europäischen Populisten, von denen es nun wirklich genug gibt, alle Dämme brechen.

Trumps Strategie ist klar. Seit Monaten kritisiert er die Briefwahl als „Instrument der Wahlfälschung“ und sollte er die Wahl verlieren, wird er deswegen klagen. Es wird ein paar Urteile in dieser oder jeder Richtung geben und am Ende landet der Fall vor dem Supreme Court, dem obersten Gerichtshof, in dem mehrheitlich Konservative sitzen, die Trump nahestehen. Für wen wird sich der Supreme Court wohl entscheiden? Ebenso sollte man nicht vergessen, dass Trump bereits rechtsextreme, identitäre Gruppen auf „Standby“ gestellt hat – ob und wie diese hochgerüsteten Gruppen und Grüppchen bereit sind militärisch zu agieren, steht in den Sternen.

Für Europa wäre eine solche Entwicklung katastrophal. Sollte ausgerechnet der Musterschüler USA die Grundregeln der Demokratie aushebeln, wer sollte dann noch einem Boris Johnson, einem Viktor Orban oder einem Recep Tayyip Erdogan Einhalt gebieten? Oder der AfD? Oder den vielen ultranationalistischen Parteien in Europa? Klar, die Demokraten hätten unter den 300 Millionen Amerikanerinnen und Amerikanern sicher auch einen spannenderen Kandidaten oder eine spannendere Kandidatin aus dem Hut zaubern können als Rentner Joe, der so überhaupt kein Charisma entwickeln kann und frei von jeder Überzeugungskraft ist. Geschenkt. Dennoch ist das keine Rechtfertigung für den „rechtsstaatlichen Staatsstreich“, den Trump offenbar seit Monaten plant. Kein Wunder, dass er es mit der Ernennung der neuen Bundesrichterin Amy Barrett so eilig hatte – die Mehrheitsverhältnisse im Obersten Gerichtshof sind nun für Trump zementiert.

Ein ehemaliger Europäer wird am Dienstag jedoch ganz heftig die Daumen für Donald Trump drücken – Boris Johnson, der für seinen „Hard Brexit“ unbedingt ein neues Handelsabkommen mit den USA braucht und dafür braucht er Donald Trump. Allen europäischen Demokraten läuft es bei der Vorstellung, Trump könne sich eine zweite Amtszeit erschleichen oder gewaltsam oder durch Tricksereien verschaffen, eiskalt den Rücken herunter. Diese Woche wird die Wahl in den USA die Corona-Thematik wenigstens für zwei oder drei Tage in den Hintergrund drängen. Doch die Auswirkungen der Wahl in den USA könnten uns auch in Europa noch sehr lange beschäftigen.

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