Könnte man bitte Julian Assange freilassen?

Die Schlagzeilen beherrscht momentan Omikron, doch gleichzeitig bereiten Briten und Amerikaner die Auslieferung von Julian Assange in die USA vor. Und das muss verhindert werden.

So sah Julian Assange 2014 aus. Heute, nach den Jahren der Haft, würde man ihn nicht wiedererkennen. Foto: Cancilleria del Ecuador / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Mexiko hat die USA erneut aufgefordert, das Auslieferungsverfahren von Julian Assange in die USA einzustellen und gleichzeitig dem wohl berühmtesten Whistleblower der Welt Asyl angeboten. Dabei hüllt sich die Welt weiterhin in Schweigen, was diesen Skandal anbelangt. Weder die EU, noch die einzelnen europäischen Staaten, noch andere internationale Organisationen halten es für angemessen, sich um den Fall Assange zu kümmern.

Es ist für die westlichen Staaten natürlich viel einfacher, sich am Fall von Alexej Nawalny abzuarbeiten, obwohl dieser kein Whistleblower und mit seiner ultranationalistischen Vergangenheit nicht unbedingt ein Beispiel ist. Aber Nawalny hat einen Vorteil gegenüber Assange – ihn zu unterstützen, ermöglicht dem Westen, mit dem Finger auf Wladimir Putin zu zeigen und sich darüber zu entsetzen, dass dieser Menschenrechte mißachtet. Dass die USA und Großbritannien Folter und Mordpläne gegen Assange einsetzen, wird geflissentlich ignoriert. Denn die USA und Großbritannien gehören nach unserem Wertekompass zu den „Guten“. Dabei benehmen sich beide Länder wie „Schurkenstaaten“.

Joe Biden hat der Ukraine Unterstützung zugesagt und heftige Sanktionen für den Fall angekündigt, dass Russland in die Ukraine einmarschieren würde. Was hält die europäischen Staaten davon ab, Großbritannien und den USA heftige Sanktionen für den Fall anzukündigen, dass diese ihren schändlichen Schauprozess gegen Assange bis zum bitteren Ende durchziehen und den Australier tatsächlich in die USA ausliefern, wo ihn 175 Jahre Gefängnis dafür erwarten, der Welt die Wahrheit über amerikanische Kriegsverbrechen gesagt zu haben?

Die EU verfügt heute über alle erforderlichen Druckmittel, um die von ihrem Brexit und ihrem katastrophalen Management der Pandemie angeschlagene britische Regierung unter Druck zu setzen. Anders, als Boris Johnson das darzustellen versucht, pfeifen die Briten gerade auf dem letzten Loch. Im ersten Jahr ihres Ausstiegs aus der EU haben die Briten gerade mal ein neues Freihandelsabkommen mit Australien auf die Reihe bekommen – mit einem riesigen Kontinent, auf dem sich 27 Millionen Einwohner verlieren. Dieses Freihandelsabkommen wird die am Boden liegende britische Wirtschaft auch nicht retten. In dieser Situation könnten weitere Gespräche zwischen Großbritannien und der EU davon abhängig gemacht werden, dass Julian Assange sofort freigelassen wird.

Ebenfalls denkbar wäre es, Großbritannien temporär das Stimmrecht im Europarat zu entziehen, so, wie man es auch mit anderen Staaten macht, die europäische Grundwerte mißachten. Dass Großbritannien nach Aussage der UNO Julian Assange foltert, sollte als Begründung mehr als ausreichend sein.

Beim Fall Assange geht es nicht nur um die Person von Julian Assange, sondern insgesamt um die Pressefreiheit, die zwar auch im Westen nur noch auf dem Papier besteht, aber immerhin noch auf der Liste unserer „Werte“ steht. Sollten die beiden Schurkenstaaten Großbritannien und USA Julian Assange tatsächlich in die USA verfrachten, müssen beide Länder sofort politisch isoliert und mit scharfen Sanktionen belegt werden. Denn die Zeiten, in denen wir mit Großbritannien und den USA eine „Wertegemeinschaft“ bildeten, sind vorbei.

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