Kokain – die neue “Volksdroge” in Europa?

Europa scheint zum Hauptmarkt für Kokain zu werden. Die beschlagnahmten Mengen werden immer grösser, die Preise rutschen immer weiter ab. Eine gefährliche Entwicklung.

In Europa ist Kokain immer weiter auf dem Vormarsch. Foto: An employee of the DEA / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Europol zieht die Alarmglocke, Europa erlebt gerade eine regelrechte Kokain-Schwemme. Alleine im letzten Jahr wurden in Europa 240 Tonnen des weißen Pulvers beschlagnahmt, 26 Tonnen mehr als im Vorjahr. Die Freiburger Anwaltskanzlei „Im Hegerhaus“ berichtet, dass die Verkaufspreise in den Keller sinken und Kokain, wie andere Drogen auch, zu so günstigen Preisen verfügbar sind, dass alleine ein hoher Preis kein Kriterium mehr ist, die Finger vom Kokain zu lassen.

Im Grunde ist die kommerzielle Strategie der Drogenbarone in Südamerika einfach und verständlich. Zum einen bieten die europäischen Atlantikhäfen wie Antwerpen, Rotterdam oder Hamburg ein schier nicht kontrollierbares Einfallstor für die Lieferungen aus Südamerika, zum anderen ist der finanzstarke europäische Markt die attraktivste Absatzmöglichkeit für das Übersee-Kokain.

Da in den großen, nordeuropäischen Containerhäfen nur Stichproben kontrolliert werden können und die Schmuggler danach im Schengen-Europa die Ware problemlos verteilen können, ist Europa für die Kokain-Barone ein El Dorado. Dass trotzdem 240 Tonnen Kokain beschlagnahmt werden konnten, lässt ahnen, welche Mengen trotz dieser Kontrollen auf dem europäischen Markt angekommen sind. Und das ist beunruhigend.

Auch die iberische Halbinsel ist ebenfalls ein beliebtes Ziel der Schmuggler, da traditionell ein reger Handel zwischen Spanien und Südamerika, aber auch zwischen Brasilien und Portugal herrscht. Dennoch bevorzugen die Schmuggler offenbar die nördlichen Routen, denn die Pyrenäen stellen ein relativ gut zu kontrollierendes Hindernis auf dem Weg ins restliche Europa dar.

Gesellschaftlich ist diese Entwicklung sehr bedenklich, denn Kokain gehört zu den Suchtdrogen, die nach relativ kurzer Zeit aus aktiven Menschen Wracks machen. Dazu hat Kokain als „Droge der Schönen und Reichen“ noch nicht einmal schlechte Presse, obwohl das Pulver Existenzen zerstört. Doch der Umstand, dass Künstler, Politiker und andere Prominente zu den Konsumenten gehören, macht Kokain attraktiver als beispielsweise Heroin, das zur Verelendung der Süchtigen führt und daher ein weniger „gutes“ Image hat, obwohl auch beim Heroin die Preise seit Jahren immer weiter sinken.

Ein Gramm (massiv gestrecktes) Kokain kostet heute in Deutschland im Schnitt rund 70 Euro – wodurch sich viele dieses Zeug leisten können, das innerhalb sehr kurzer Zeit sein Suchtpotential entfaltet.

Eine konsequente Drogenpolitik, bei der „weiche Drogen“ entkriminalisiert, „harte Drogen“ aber mit aller Härte verfolgt würden, könnte bereits dazu führen, dass die Drogenszenen getrennt und die Szene der „harten Drogen“ isoliert wird. Das war auch vor der Bundestagswahl so geplant gewesen – schade, dass heute niemand mehr darüber spricht. Und so werden wir jedes Jahr neue Rekord-Beschlagnahmungen mit verfolgen, wissend, dass für jede beschlagnahmte Lieferung x andere unerkannt ihr Ziel erreicht haben. Eine Lösung dieser Problematik kann nur auf politischer Ebene erfolgen, doch hier scheint man es plötzlich nicht mehr eilig zu haben. Und das ist für ganz Europa bedenklich.

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