Kolonialismus ist immer noch ein französisches Thema

Die Hauptstadt Neukaledoniens Noumea liegt rund 16.000 km entfernt von der französischen Hauptstadt Paris. Ein von den Verfechtern der Unabhängigkeit boykottiertes Referendum wird aber in Paris gefeiert.

Zwischen Australien und Nirgendwo liegt die französische Kolonie Neukaledonien. Foto: Bastien Preuss / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – „Frankreich ist stolz, euer Vaterland zu sein“, kommentierte Emmanuel Macron das Referendum vom Wochenende, bei dem 96,5 % der Wählerinnen und Wähler für den Verbleib bei Frankreich gestimmt hatten. Allerdings hatten die Verfechter der Unabhängigkeit dieses Referendum boykottiert, weswegen die Aussagekraft der Abstimmung gegen Null geht. Aber das hält die französische Regierung nicht davon ab, auch dieses bedeutungslose Referendum als großen Erfolg zu feiern.

Natürlich erkennen die neukaledonischen Separatisten das Abstimmungsergebnis nicht an, hatten sie doch zum Boykott des Referendums aufgerufen und dieser Aufruf wurde weitestgehend befolgt. So nahmen nur rund 44 % der Wahlberechtigten an der Abstimmung teil, fast ausnahmslos Menschen, die ein persönliches Interesse am Verbleib der Insel im französischen Staat haben.

Die Separatisten hatten gefordert, das Referendum zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen, zum einen wegen der Covid-Krise, die auch auf Neukaledonien grassiert, zum anderen wegen des bereits laufenden französischen Wahlkampfs, da man verhindern wollte, dass die Frage der Unabhängigkeit Neukaledoniens von den politischen Interessen der Kandidaten ausgeschlachtet würde. Was ja auch prompt nach Verkündung des Ergebnisses passierte – die 96,5 %, die für den Verbleib Neukaledoniens in Frankreich gestimmt hatten, schreibt sich Präsident Macron als persönlichen Erfolg auf die Fahne.

Aber was ist an dieser so entfernt und abseits von allem liegenden Insel so interessant für Frankreich? Das Wichtigste sind wohl die riesigen Nickel-Vorkommen auf Neukaledonien, die für die französischen Siedler, die sich dort niedergelassen haben, echten Wohlstand bringen. Wie in allen Kolonial-Situationen profitieren dabei die Einwohner der Insel nicht von dem eigentlich ihnen gehörenden Reichtum, sondern lediglich von den Wohltaten einer französischen Verwaltung, die den Ureinwohnern ein Buch mit sieben Siegeln sind.

Doch damit sind die Auseinandersetzungen um die Unabhängigkeit Neukaledoniens nicht vorbei, im Gegenteil, sie werden sich deutlich verschärfen. Ein 1998 unterzeichnetes „Abkommen zur Dekolonialisierung Neukaledoniens“ sah vor, dass drei Abstimmungen über die Unabhängigkeit stattfinden sollen. Zwei dieser Referenden fanden 2018 und 2020 statt, wobei sich jeweils eine knappe Mehrheit (56,4 % und 53,3 %) für den Verbleib bei Frankreich ausgesprochen hatte. Für Frankreich ist nun mit diesem dritten Referendum das Thema endgültig vom Tisch, während der Präsident des neukaledonischen Kongresses Roch Wamytan es deutlich formulierte: „Für uns ist dies nicht das dritte Referendum. Dies ist das Referendum des französischen Staats und seiner Unterstützer in Neukaledonien, aber nicht unseres“. Alleine zur Bewertung, ob dieses nun das vertraglich vorgesehene dritte Referendum war oder nicht, dürfte für viel Ärger sorgen.

Nachdem sich Präsident Macron ausgiebig für dieses Ergebnis selbst gefeiert hatte, gab er allerdings zu, dass die Insel weiter „tief gespalten“ sei und kündigte an, dass bis 2023 ein neuer Status für Neukaledonien erarbeitet werden soll. Das allerdings setzt voraus, dass Macron nächstes Jahr wiedergewählt wird und das ist alles andere als sicher. Womit dann auch die Zukunft Neukaledoniens weiter in den Sternen steht.

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