Kopfzerbrechen an der Uni Freiburg

Darf Albert VI., der Gründer der Universität Freiburg, wegen der Judenfeindlichkeit der Gründungsurkunde der Namensgeber der Universität Freiburg bleiben? Eine Kommission soll das untersuchen.

Darf die Freiburger Albert-Ludwig-Universität weiterhin ihren Namen tragen? Foto: Gerd Eichmann / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(Karl-Friedrich Bopp) – Am 21. September 2022 ist es soweit. Gegründet 1457, begeht die Freiburger Albert-Ludwigs-Universität 565 Jahre ihres Bestehens. Zeit, um nach all den Jahren eine wichtige Frage zu klären. Soll die Universität weiterhin nach ihrem Gründer Albert VI. benannt werden, wo doch im Stiftungsdokument ein Satz bestimmte, dass Mitmenschen jüdischen Glaubens von der neuen Universität auszuschließen seien?

Zunächst der Versuch, sich in die Zeit des ausgehenden Mittelalters einzudenken. Die Zeiten waren extrem schwierig für Mitmenschen jüdischen Glaubens. Eine relative Phase der Toleranz und des friedlichen Miteinanders endete in ganz Europa mit dem Ausbruch der Pest im Jahr 1348. Juden mussten als Sündenböcke herhalten. Ihre Gemeinden wurden vernichtet.

Was Freiburg konkret betrifft, wurden im Jahre 1424 die Einwohner jüdischen Glaubens für mehrere Jahrhunderte (bis 1862) aus dem Leben der Stadt Freiburg ausgeschlossen. Die Stadt enteignete sie und übernahm ihre Häuser. Im Freiburger Stadtrecht wurde gar die Ausgrenzung der, bzw. jegliche Kontaktaufnahme mit Juden amtlich festgeschrieben.

Vor dem Hintergrund dieses Zeitgeistes wurde Albert VI. im Jahre 1418 geboren. Er war drei Jahre jünger als sein Bruder Friedrich III., der 1440 zum römisch-deutschen König gekrönt wurde, weiter aufstieg und 1452 schließlich Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wurde. Das förderte familiäre Eifersüchteleien. Sie schlugen schließlich in offene Feindschaft mit kriegerischen Auseinandersetzungen um. 1461 beschloss Albrecht VI., die Wiener Burg seines Bruders Friedrich III. anzugreifen. Der Ausgang war militärisch noch völlig offen, als Albert VI. am 2. Dezember 1463 vollkommen unerwartet starb.

Zurück zur Universität Freiburg. Universitäten wurden in diesen Zeiten aus religiösen Motiven gegründet, insbesondere um für das künftige Seelenheil des Gründers etwas Gutes zu tun. Die Freiburger Universität war damals eine rein kirchliche Institution, alle Lehrenden waren Kleriker. Und natürlich spielten bei der Gründung die oben genannten Eifersüchteleien eine Rolle. Albert VI. wollte vor allen Dingen mit seinem Bruder gleichziehen, in dessen Herrschaftsbereich sich die 1365 gegründete Universität Wien befand.

Das war der Kontext, in dem die Stiftungsurkunde der Freiburger Universität geschrieben wurde und in der festlegt wurde, dass Juden auszugrenzen sind. Bisher konnten Historiker keine weitere judenfeindliche Aussage oder Handlung von Albert VI. zitieren. Der Satz wurde schlicht und einfach in der Logik der damaligen Geisteshaltung bzw. der geltenden Gesetze eingefügt.

Die Tübinger Eberhard-Karls-Universität, 20 Jahre später gegründet, hat übrigens genau denselben Satz in ihrer Stiftungsurkunde. Dort hat bereits eine Kommission untersucht, ob sich Gründer Eberhard weiterhin im Namen der Universität wiederfinden dürfe. Sie kam zu dem Ergebnis, den Namen der Universität beizubehalten.

Die Universität Freiburg ihrerseits hat nun ebenfalls erstmal eine Kommission einberufen. Ein Universitätssprecher sagte erläuternd, dass eventuelle Schlussfolgerungen im Lichte des vorzulegenden Berichts erwogen würden. Vorausgesetzt, die Kommission bringt nicht zusätzliche Informationen ans Licht, sollte der Name des Gründers Albert VI. beinahe 600 Jahre nach ihrer Errichtung im Namen der Universität Freiburg belassen werden.

Dagegen sollte die Gesellschaft insgesamt mit Macht und Entschlossenheit alle Formen des leider immer wieder aufkeimenden Antisemitismus aktiv bekämpfen.

4 Kommentare zu Kopfzerbrechen an der Uni Freiburg

  1. Irgendwann ist aber auch mal gut. Nach dem Zigeunerschnitzel und dem Mohrenkopf schraubt man jetzt auch noch an Vorgängen aus dem Mittelalter herum. Bis endlich alle geläutert sind? Lächerlich! Wieso kümmern sich diese Leute nicht um aktuelle Probleme?

    Mir wäre ein antisemitischer Hang der Uni Freiburg nicht bekannt.

    • Da sind wir völlig einer Meinung. Auch mir sind keinerlei antisemitische Strömungen an der Freiburger Uni bekannt… aber das ist wie mit der “kulturellen Aneignung” – vor lauter alles-richtig-machen-wollen, macht man alles falsch…

  2. Der gute Erzherzog Albrecht war kein “Antisemit”. Für ihn waren die Juden Teil der herzoglichen Kammer, die er schon aus Eigeninteresse zu schützen hatte, dafür aber auch “schröpfen” durfte. Ist alles nachzulesen in der wissenschaftlichen Biographie von Konstantin Moritz Langmaier aus dem Jahre 2015. Dass Juden nicht an Universitäten studieren durften, kann auch nicht als “Antisemitismus” gewertet werden, da Unis damals als rein christliche Einrichtungen verstanden wurden. Es wäre damals ja auch kein Jude auf die Idee gekommen, in eine Kloster- oder Domschule zu gehen …
    Da soll krampfhaft ein Antisemitismus herbeigezaubert werden, um dem Hang linksliberaler, “grüner” Kräfte nach “Veränderung” und “Angst vor Tradition” zu entsprechen. Was verschwiegen wird, ist, dass der Erzherzog sogar eher judenfreundlich war. So hat er nach Langmeier im Jahre 1455 jüdische Kinder ausdrücklich davor geschützt, von Christen “weggenommen” zu werden. Soviel zu einer ausgesprochen künstlichen Diskussion. Wozu hat man eigentlich hochqualifizierte Historiker, wenn man deren Forschungsresultate nicht zur Kenntnis nimmt bzw. nehmen will? Vor allem frage ich mich, wozu eine Historiker-Kommission ins Leben gerufen wird, wenn umfangreiche Forschungen ohnehin das Gegenteil beweisen. GELDVERSCHWENDUNG öffentlicher Mittel. Oder nicht?

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