Kriegsbegeisterung allerorten

Während Olaf Scholz alles daran setzt, eine Eskalation in Richtung III. Weltkrieg zu vermeiden, entdecken andere, beispielsweise die Grünen, ihre Begeisterung für den Krieg.

Krieg ist nicht heldenhaft, sondern so - Massengrab aus dem spanischen Bürgerkrieg. Foto: Mario Modesto Mata / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Welt hört Wolodomyr Selensky aufmerksam zu. Der Mann ist ein begnadeter Redner und passt seine Auftritte vor den Parlamenten dieser Welt genau auf die Befindlichkeiten der jeweiligen Länder an. In Frankreich vergleicht er die Situation in der Ukraine mit „Verdun“, in Israel mit der „Shoah“, in Deutschland erwähnt er die historische Schuld des Landes. Das Ziel ist immer das gleiche – Selensky will, dass die NATO und der Westen aktive Kriegspartei werden, was nichts anderes bedeutet, als dass er den III. Weltkrieg heraufbeschwört. Dass Olaf Scholz tapfer dagegen hält, spricht für ihn.

Die unterschiedlichen Positionen in der Berliner Koalition sind erstaunlich. Olaf Scholz weigert sich, die NATO ins Spiel zu bringen, Christian Lindner sorgt sich um die 100 Milliarden Euro für eine mehr als fragwürdige Aufrüstung und Annalena Baerbock will immer mehr Waffen in die Ukraine schicken, was für eine grüne Politikerin erstaunlich ist, hat doch die Partei ihre Wurzeln, unter anderem, in der Friedensbewegung. Aber Frieden war gestern, heute macht uns das ganze Helden-Narrativ rund um den Ukraine-Krieg ganz wuschig.

Dass Olaf Scholz als Hauptargument die deutsche und europäische Abhängigkeit vom russischen Gas anführt, ist zwar ein wenig viel Realpolitik, doch seine Weigerung zur Einrichtung einer Flugverbotszone („No-Fly-Zone“) und zum Eingreifen der NATO, ist der Versuch, den III. Weltkrieg zu verhindern.

Der Westen, und damit auch die Bundesrepublik, sind in ihren Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg sehr weit gegangen. Die Waffenlieferungen an die Ukraine stellten im Nachkriegs-Deutschland eine Art „Sündenfall“ dar, denn bisher war es bundesdeutsche Politik, keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern (auch, wenn diese Position in den letzten Jahren des Öfteren einfach umgangen wurde). Es werden Hilfsgüter in unglaublicher Menge in die Ukraine geschafft, es werden enorm viele Flüchtlinge aufgenommen und die sehr scharfen Sanktionen, die verhängt wurden, hat es in dieser Form noch nicht gegeben und sie haben auch schon starke Auswirkungen auf die Lage in Deutschland. Die permanente Forderung des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk nach mehr Waffen und dem Eingreifen der Bundeswehr und der NATO sollte man besser überhören, denn die ukrainische Strategie zielt auf die Konfrontation NATO – Russland und damit den III. Weltkrieg ab.

Das Kriegsgejubel allerorten wird immer unangenehmer, denn es erinnert immer stärker an die Zeit vor den beiden Weltkriegen 1914-18 und 1939-1945, die 100 Millionen Menschen das Leben gekostet haben. Begleitet wurden diese Zeiten damals von den gleichen Heldengeschichten wie heute, doch zeigt ein kurzer Blick in die Geschichtsbücher, dass andere Menschen zu töten oder selbst im Schlamm fern der Heimat zu verrecken nicht heldenhaft, sondern sinnlos ist.

Die Welt ist gut beraten, weder den Sirenengesängen der russischen Nationalisten, noch den Sirenengesängen der ukrainischen Nationalisten zu folgen, sondern gemeinsam an Friedens-Szenarien zu arbeiten. Diese erfordern, dass man Putin eine „goldene Brücke“ baut und dass man aufhört, an der Eskalationsschraube zu drehen.

Dass Olaf Scholz, anders als seine Außenministerin, der Logik der kriegerischen Eskalation einen Riegel vorschieben will, ist vernünftig. Die Vernichtung der ukrainischen Bevölkerung und die Zerstörung der ukrainischen Städte und Infrastrukturen kann man nur schwer mit Sätzen wie „bis zum letzten Blutstropfen“ oder „Freiheit oder Tod“ beantworten. Statt tonnenweise Waffen zu liefern und pharaonische Summen in Aufrüstung zu investieren, sollte die Weltgemeinschaft nun Friedensszenarien präsentieren, bei denen weder Putin, noch Selensky das Gesicht verlieren. Einem III. Weltkrieg aber sollte sich die gesamte Weltgemeinschaft verweigern, denn wie solche Weltkriege ablaufen, davon können die Generationen unserer Eltern und Großeltern erzählen. Und diesen Erzählungen sollte man genau zuhören, wenn man erfahren möchte, wie heldenhaft Kriege sind.

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