Kriegsgewinnler

Die Pariser Börse hat im Monat November einen spektakulären Sprung um 20 % nach oben gemacht. Das hat es seit 32 Jahren nicht mehr in einem einzelnen Monat gegeben.

Das Bild stimmt - Wall Street und die anderen Börsen befinden sich in einer Einbahnstrasse... Foto: Sparkx 11 at English Wikipedia / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Viele leiden unter den aktuellen Krisen und für manche werden diese Krisen existenzbedrohend. In den Innenstädten müssen immer mehr Läden das Handtuch werfen und wenn irgendwann einmal die Restaurants, Bars und Cafés wieder öffnen dürfen, wird man die Überlebenden zählen. Doch geht es nicht allen schlecht. Wie so oft gibt es Kriegsgewinnler und die – tummeln sich an der Börse.

Auf lange Sicht wird das nicht gutgehen. Denn das, was faktisch an den Börsen passiert, ist die Bereicherung einiger Weniger auf Kosten der Allgemeinheit. Befeuert wird die Börse von der Zockerei so genannter „Investment-Manager“, dieser Kaste pickelgesichtiger U30-Spekulanten, die mit Kokain und Unverfrorenheit jede Chance nutzen, mit den abstrusesten Finanzprodukten (wie beispielsweise Wetten darauf, ob eine Pandemie eintritt…) Geld zu verdienen. Doch damit sollte irgendwann einmal Schluss sein. Die aktuellen Krisen müssten eigentlich die Gelegenheit sein, das Funktionieren der „Märkte“ zu hinterfragen und zu reformieren.

Mit einem Plus von 20 % der beste Börsenmonat seit 32 Jahren – während überall die Wirtschaft heruntergefahren ist und nur deshalb noch kein völliger Zusammenbruch eingetreten ist, weil der Staat Milliarden in die Kurzarbeit investiert, füllen sich die Spekulanten die Taschen. Man muss kein Roter sein, um diese Funktionsweise von Finanzwelt und Wirtschaft zu hinterfragen. Doch während man sich zu diesen Fragen Gedanken macht, denken die Börsen-Spekulanten an etwas ganz anderes, auf das sie sich gerade gewissenhaft vorbereiten – wie kommt man an ein möglichst großes Stück vom europäischen Rettungskuchen? Und an dieser Stelle hört es auf.

Die „Märkte“ arbeiten eindeutig gegen die Interessen der Völker und schöpfen den von der Realwirtschaft erwirtschaften Mehrwert ab. Dieses System lässt sich angesichts der Krisen nicht mehr länger aufrechterhalten. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte im März noch vom „Krieg gegen das Virus“ gesprochen und dass es in diesem „Krieg“ Menschen und Institutionen gibt, die sich die Taschen füllen, während ein großer Teil der Bevölkerung in die Armut rutscht, ist schlicht skandalös. Wenn sich daran nichts ändert, dürfte es in absehbarer Zeit Auseinandersetzungen geben, gegen die sich die aktuellen Unruhen wie ein laues Lüftchen darstellen.

Gewiss, im März stürzte die Pariser Börse um 17,2 % ab, als die Grenzen geschlossen und der erste, sehr harte „Lockdown“ in Frankreich ausgerufen wurde. Der März 2020 war damit der schlechteste Börsenmonat seit September 2002. Doch kaum hatte sich die Börse von diesem ersten Schock erholt, wurde wieder munter weiter gezockt.

Das aktuelle Börsensystem mit seinen zum Teil pervers anmutenden Derivat-Produkten gehört zu den Elementen, die unsere wirtschaftliche Zukunft nachhaltig gefährden. Es kann nicht sein, dass die Volkswirtschaften dieser Welt nur noch für das Wohl von Aktionären und Investoren in Banken und Versicherungen arbeiten und dabei immer weiter abrutschen. Die Covid-Krise wird noch dramatische Veränderungen der Arbeitslosenzahlen und damit der Volkswirtschaften in der ganzen Welt zur Folge haben – in einer solchen Situation ist es schlicht nicht akzeptabel, dass sich 0,01 % der Bevölkerung hemmungslos bereichern und dafür sorgen, dass die Wirtschaft nicht wieder durchstarten kann.

Auffallend ist, dass die börsennotierten Unternehmen zu denjenigen zählen, für die schnell und unbürokratisch Hilfen in Milliardenhöhe bereit stehen, die von diesen für überfällige Umstrukturierungen verwendet werden, während viele der unterstützten Unternehmen trotzdem gleichzeitig Tausende Menschen entlassen.

Das Börsensystem ist in seiner aktuellen Form unanständig. Doch ob sich die Politik traut, an eine Reform dieses höchst schädlichen Systems zu gehen, ist mehr als fraglich. Man darf gespannt sein, wann das Pulverfass explodiert. Früher oder später wird das passieren und die Konsequenzen werden die Blutsauger der Finanzmärkte selbst zu verantworten haben.

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