Kyrill I. gegen Johannes Hus

Indem der orthodoxe Patriarch von Moskau Kyrill I. Russischen Soldaten im Todesfall direkt das Paradies verspricht, macht er das gleiche wie der IS oder Papst Johannes XXIII...

Johannes Hus 1415 vor dem Konstanzer Konzil - würde er heute noch leben, würde er Kyrill I. anklagen. Foto: Adolf Liebscher / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Johannes Hus (1370 – 1415) wäre außer sich gewesen. Der böhmische Prediger hatte einst das von Papst Johannes XXIII. gerade entwickelte Geschäftsmodell für die katholische Kirche angeprangert, den „Ablasshandel“. Gläubige konnten in der Kirche so genannte „Ablassbriefe“ kaufen, dank derer dann angeblich die Zeit im Fegefeuer verkürzt werden sollte. Für Johannes Hus ein Unding, ein Betrug. Geradezu blasphemisch. Diese Ansicht trug er dann auch vor dem Konstanzer Konzil 1415 vor, wo allerdings die Kirchenspitzen von diesen Protesten und Vorwürfen nicht sonderlich angetan waren und den Mann auf dem Scheiterhaufen verbrannten. Würde Johannes Hus heute noch leben und hören, was der orthodoxe Patriarch von Moskau Kyrill I. erzählt, dann würde er vermutlich erneut protestieren. Oder sich einfach im Grab umdrehen.

Kriegstreiber Kyrill I., ein guter Freund von Putin seit den guten, alten KGB-Tagen (!), hat allen russischen Soldaten, die im Angriffskrieg gegen die Ukraine getötet werden, „die Vergebung aller Sünden“ versprochen, sprich, einen Freifahrtschein ins Paradies. Als Belohnung für Mord und Vergewaltigung im Nachbarland. Nun ist Kyrill I. mit seinen 75 Jahren schon ziemlich alt, doch selbst Altersdemenz entschuldigt solche Ausfälle nicht. Mit seinen Aussagen macht sich Kyrill I. selbst zum Kriegsverbrecher und tränkt seine Kirche mit dem Blut der getöteten Ukrainer.

Mehrere historische Parallelen drängen sich auf. Da ist in der Tat der von Johannes Hus kritisierte „Gegenpapst“ Johannes XXIII., der mit „Kreuzzugs-Bullen“ und „Ablass-Bullen“ seine chronisch klamme Kasse füllte. Man muss die Leute nur dreist genug für dumm verkaufen… Dann wieder ähnelt die Aussage von Kyrill I. der Kriegsstrategie der Wikinger. Für die Wikinger galt, dass wer mit dem Schwert in der Hand starb, also im Kampf, sofort nach Walhalla gelangte, dem Paradies für Wikingerkrieger. Eine tolle Motivation für den Kampf. Entweder siegte man im Kampf, oder man starb und kam direkt ins Paradies. Kein Wunder, dass einst eine Wikinger-Invasionstruppe von 200 Mann 6.000 Briten besiegte, die vergeblich versuchten, ihre Insel zu verteidigen. Doch die Wikinger kämpften einfach motivierter, denn sie hatten nichts zu verlieren, sondern alles zu gewinnen.

Der dritte Vergleich ist aktueller. Der „Islamische Staat“ versprach seinen „Märtyrern“, sprich Terroristen, die im Kampf oder bei feigen Selbstmord-Attentaten getötet werden, den direkten Einzug ins Paradies und als Prämie 72 Jungfrauen. Ob das Handling von 72 Jungfrauen tatsächlich so paradiesisch ist, das müssen die Imame und die Terroristen klären, aber auch hier gilt: „Zieh in den Kampf und solltest du blöderweise getötet werden, dann ist das nicht schlimm, weil du dann direkt in den Himmel kommst.“

Mit solchen Aussagen, mit denen Patriarch Kyrill I. auch den bereits in die russische Armee verpflichteten Mördern und anderen Verbrechern, wie den Söldnern der Wagner-Gruppe, das Paradies verspricht, machen aus Kyrill I. nunmehr nur noch Herrn Wladimir Michailowitsch Gundjajew, einen gewissenlosen Kriegsverbrecher, der auch als solcher behandelt werden sollte. Und ganz nebenbei entwertet der Mann damit auch das Paradies als Konzept, denn wer hat schon Lust, für die Ewigkeit auf einer Wolke mit einem russischen Vergewaltiger und Mörder zu sitzen?

Kyrill I. hat, ebenso wie sein Kumpel Putin, jeden Kompass verloren. Allerdings ist sein Gegeifer höchst gefährlich, denn die orthodoxe Kirche hat nach wie vor großen Einfluss in der russischen Gesellschaft. Die Teilmobilmachung hat die Situation in Russland stark verändert. Dass Kyrill I. in dieser Situation nicht seine von Amts her große Autorität einsetzt, um diesen Krieg zu stoppen, ist geradezu verbrecherisch. Junge Leute mit dem Versprechen auf das Paradies in den Tod zu schicken, auch. Kyrill I. hat Glück, dass Johannes Hus nicht heute lebt…

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