La Rentrée, die kollektive Depression

Wenn das Schuljahr wieder beginnt, verfällt Frankreich in eine Art kollektiver Depression, die einen nicht übersetzbaren Namen trägt: „La Rentrée“.

Die "Rentrée" ist ein Phänomen, das man in Deutschland in dieser Form nicht kennt. Foto: Bertram / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Wollte man den Begriff „Rentrée“ korrekt übersetzen, müsste man so etwas wie „Schuljahresbeginn“ sagen, aber das gibt nicht einmal im Ansatz wieder, was die Franzosen mit dem Begriff „Rentrée“ verbinden. Und das ist reichlich viel, genug, um ein ganzes Land in eine Art kollektiver Depression zu stürzen, die ungefähr bis zu den Herbstferien dauert. Ein Phänomen, das man in Deutschland in dieser Form nicht kennt.

Auch, wenn der Begriff „Rentrée“ eigentlich von „Rentrée des classes“ abgeleitet ist, das soviel wie „Schuljahresbeginn“ bedeutet, ist diese Übersetzung deswegen weitgehend unzutreffend, weil das Phänomen  hauptsächlich die Erwachsenen betrifft. Schulkinder sind in der Regel gar nicht so unglücklich, wenn das Schuljahr wieder startet und sie ihre Klassenkameraden und Freunde wieder treffen – doch für die Erwachsenen ist die „Rentrée“ ein echtes Problem. Und das hat mehrere Ursachen.

Zum einen ist die „Rentrée“ immer ein Moment notorischer Klammheit. In den (in Frankreich längeren) Sommerferien gibt man gerne mehr Geld aus, als man eigentlich wollte und sollte und dann müssen vor allem Familien richtig viel Geld hinblättern, um die lieben Kleinen mit allem Nötigen für das neue Schuljahr zu versorgen. Da heißt es den Gürtel enger zu schnallen und das ist natürlich kein Anlass für Freude. Zum anderen ist die „Rentrée“ gleichbedeutend mit der Rückkehr in den Alltagstrott, nachdem man entspannte Wochen am Meer verbracht hat…

Und dann entdeckt man in Frankreich (aber auch in anderen Ländern), was die Politiker in der Sommerpause unbeobachtet von der Öffentlichkeit alles an unpopulären Entscheidungen durchgewunken haben. In Frankreich wird das dieses Jahr ganz besonders unangenehm werden, da die neue Regierung eine Reform des Arbeitsrechts vorbereitet hat, die angeblich den Arbeitsmarkt mit neuer Dynamik behauchen soll, vor allem aber uralte Arbeitnehmerrechte aushebeln wird – wie beispielsweise den Kündigungsschutz oder Entschädigungen im Falle von Kündigungen. Damit kündigt sich ein heißer Herbst auf Frankreichs Straßen an, bei dem man seiner „Rentrée-Frustration“ freien Lauf lassen kann.

Die nächsten Wochen muss man sich also auf eine permanent schlechte Laune der französischen Nachbarn einstellen – doch keine Angst, die nächsten Ferien kommen bestimmt, erst die Herbstferien und dann ist auch schon wieder Weihnachten… Seien Sie also nachsichtig mit Ihren französischen Freunden und Kollegen, wenn diese in nächster Zeit etwas mufflig daherkommen – seien Sie nett und freuen Sie sich gemeinsam auf den nächsten Urlaub. Der kommt nämlich mit Sicherheit.

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