Lächerliches Macho-Gehabe

Das Phänomen betrifft alle, in Ost und West, Politiker wie Politikerinnen. Täglich wird in alle Richtungen gedroht, es werden „Konsequenzen“ angekündigt und jeder weiß, dass das nur Testosteron-gesteuertes Geschwätz ist.

Drohgebärde des Kapuziner-Makaken. Das sieht bei Politikern nicht anders aus. Foto: Dr. Raju Kasambe / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Man merkt deutlich, dass wir in Kriegszeiten leben. Russland und Verbündete einerseits, in erster Linie China, und andererseits der Westen und Verbündete, drohen sich täglich und gegenseitig und schaukeln die Eskalation dessen, was schon bald der III. Weltkrieg sein wird, immer höher. Doch das verbale Aufplustern ist, ehrlich gesagt, lächerlich. Denn die „ernsten Konsequenzen“, die man sich täglich gegenseitig ankündigt, finden in der Regel nicht statt. Während man in Friedenszeiten seiner „Irritation“ gegenüber nicht genehmen Handlungen der jeweils anderen Seite ausdrückt, droht man in Kriegszeiten eben mit „Konsequenzen“. Die Wirkung ist zumeist die gleiche – nämlich keine.

Erstaunlich ist, dass auch Politikerinnen, die ja gerne als die „besseren und friedlicheren Männer“ in der Politik dargestellt werden, genau ins gleiche Horn stoßen. Paradebeispiel ist die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, die angesichts von Panzerrohren und olivgrünen Uniformen so wuschig wird, dass sie schon mal aus Versehen öffentlich erklärt, Deutschland befände sich im Krieg mit Russland. Also ist das Testosteron-Geschwätz der Politiker kein Gender-Problem, sondern die Kriegshetzerei ist jetzt auch eine Frauen-Domäne. Warum sollten Frauen auch weniger blöde sein als ihre männlichen Kollegen?

Nur, ein Blick in die geschichtliche Aufarbeitung der letzten Weltkriege zeigt deutlich, dass wir momentan alle Mechanismen bedienen, die eine Stimmung schaffen, in der Völker am Ende akzeptieren, dass sie von pathologisch gestörten Politikern in Krieg, Not, Elend, Tod und Zerstörung geführt werden. Eine solche Stimmung zu schaffen ist erforderlich, denn Otto Normalverbraucher und seine Kollegen in den anderen Ländern verspüren zunächst mal keinerlei Verlangen, sich für die Interessen größenwahnsinniger Politiker und der entsprechenden Industrien umbringen zu lassen. Also muss man eine allgemeine Stimmung schaffen, in der die Menschen glauben, dass a) ein Krieg „alternativlos“ sei und b) dass man ihn schon so gut wie gewonnen hat, weil die Gegenseite a) doof, b) schlecht ausgerüstet und c) miserabel geführt ist. Das ist momentan ja auch das Narrativ des Westens, gleichzeitig aber auch genauso das des Ostens. Jeder manipuliert eben seine eigenen Leute.

2022 wurde die Lieferung von Waffen und Geld mit dem Argument untermauert, dass der Krieg bis zum Winter vorbei sei, dass man die flügellahme russische Armee aus der Ukraine und der Krim vertrieben haben werde und dass der ganze Spuk schon bald vorbei sei. Genau so, wie man 1914 und 1939 ganze Völker in den Krieg gequatscht hatte. Nun, wir befinden uns im Februar 2023 und die Front in der Ukraine hat sich eingegraben und einen Material- und Stellungskrieg begonnen, bei der es kaum noch zu Landgewinnen, dafür aber zu Tausenden, Zehntausenden Todesopfer kommen wird. Und – eine Mehrheit der Menschen im Westen ist heute, dank aufgeregter und begeisterter Kriegshetzer überzeugt, dass es gar keine andere Möglichkeit gibt, als alles in Kauf zu nehmen, damit dieser Krieg noch möglichst lange dauert und möglichst viel Zerstörungen anrichten kann.

Fakt ist, dass drei Viertel der Länder dieser Welt die Sanktionen des Westens gegen Russland nicht mittragen, sondern hoffen, dass dieser Kelch an ihnen vorübergehen mag. Welche diplomatischen Anstrengungen hat der Westen unternommen, um diese Länder zu einer gemeinsamen Friedensmission zu bewegen? Gar keine? Und auch den italienischen Friedensplan nicht diskutiert? Schade eigentlich…

Und so drohen sie halt weiter, liefern sich verbale Scharmützel, bei denen sie persönlich nicht das geringste Risiko eingehen und jubeln, wenn man wieder 100 junge Leute bei Angriffen gestorben sind. Keine Sorge, das tun sie auf der anderen Seite auf. Und alle zusammen merken wir überhaupt nicht, wie wir durch diesen Krieg moralisch verrohen. Ab sofort heißt also die Losung „Sterben für Bachmut“, einen Ort, von dem vor dem Krieg noch nie jemand gehört hatte. Warum nicht, denn das entspricht ja dem Duktus derjenigen, die gerade das Sagen haben.

Doch sollte man, anders als nach den ersten beiden Weltkriegen, dieses Mal darauf verzichten, sich hinterher gegenseitig zu versichern, dass es so etwas nie wieder geben darf. Die Politiker dieser Welt reden uns gerade in eine Weltkatastrophe hinein, die wie 14-18 und 39-45 niemand mehr beherrschen kann. Schuld an der Situation ist natürlich Russland und Putin, doch ebenso schuldig sind profilierungssüchtige Politiker im Westen, deren Puls bei der Vorstellung hochschnellt, endlich einmal selbst bei einem ausgewachsenen Krieg mitmischen zu können. Sterben und ihr Hab und Gut verlieren werden ohnehin nur die armen, die einfachen Menschen, während sich die Kriegstreiber am Ende gegenseitig bei Champagner und Kaviar beglückwünschen werden. Es ist wie immer und alle stolpern wie immer in die immer gleichen Fallen des immer gleichen Kriegs, an dem am Ende die immer gleichen Industrien viel Geld verdient haben werden. War business as usual.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste