Langsam drehen einige durch…

Die Pandemie hat üble Folgen – auch auf die Psyche der Bevölkerung. Während eine große Mehrheit versucht, ihren Teil beizutragen, indem sie die sanitären Vorgaben einhält, gibt es immer wieder „Helden“, die meinen, es ganz anders machen zu müssen.

Momentan muss man in öffentlichen Verkehrsmitteln eben eine Maske tragen. Wer das nicht will, soll daheim bleiben oder zu Fuss gehen... Foto: Williamsburger26 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Ein empörter Post auf Facebook sorgt gerade in Frankreich für heftige Diskussionen. Ein bekannter Journalist hatte in diesem Post erzählt, wie er in einem vollen Zug nach Paris seine Maske unter dem Kinn trug, weil er für seine wichtige Arbeit am PC dringend etwas mehr Frischluft benötigte. Als ihn seine Sitznachbarin bat, er möge doch seine Gesichtsmaske richtig aufsetzen, verhöhnte er sie nur, bis die junge Frau den Kontrolleur rief, damit dieser den bekannten Journalisten zur Ordnung riefe. Als der Kontrolleur auftauchte, zog der Journalist schnell seine Maske hoch und schrieb dann eine bitterböse Kolumne über das Denunziantentum. Doch genauso schlimm wie das das völlig verantwortungslose Verhalten des Journalisten waren auch die Kommentare auf diesem Post.

„Wissen Sie, junge Frau“, dozierte der Journalist von oben herab, „an dieser Pandemie sterben nur 0,05 % der Bevölkerung.“ Als ob das ein Grund sei, das Virus wissentlich weiterzutragen. Die 0,05 % der Bevölkerung, die an diesem Virus sterben, tun dies persönlich allerdings zu 100 %. Etliche Kommentatoren beglückwünschten den Journalisten für dessen „heldenhaften Kampf“, nur wenige trauten sich, dem Mann mitzuteilen, dass er zu denjenigen gehört, die dafür sorgen, dass diese Pandemie noch eine lange Weile bei uns bleiben wird. Der Mann hätte, als ihn die junge Frau höflich bat, er möge seine Maske richtig aufsetzen, dies einfach tun können. Und wenn er meint, dass die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln für ihn ganz persönlich nicht erträglich ist, dann soll er halt mit dem Auto fahren oder zuhause bleiben.

Nein, es ist kein heldenhafter Akt, sich über diese sanitären Regeln im öffentlichen Raum hinwegzusetzen. Wie man nach einem Jahr der Pandemie, Millionen Toten und Abermillionen Erkrankten immer noch dieses Virus als „leichte Grippe“ und damit als ungefährlich abtun kann, das ist nur schwer nachzuvollziehen. Wie sehr auch der Umgang miteinander gelitten hat, zeigt sich an der Reaktion dieses Journalisten, der von allen Antworten, die er hätte geben können, die Dümmste gab.

Mit „Denunziation“ hat das nichts zu tun. Die junge Frau hatte aufgrund der Reaktion des Journalisten gar keine andere Wahl, als sich an die „Autorität“ zu wenden, die in dieser Situation vom Kontrolleur dargestellt wurde. Das ist so, als würde ein Wahnsinniger mit 200 km/h über den Boulevard Périphérique in Paris brettern, und sich dann beschweren, weil er von einem anderen Verkehrsteilnehmer bei der Polizei gemeldet wird. Eine solche Meldung ist keine „Denunziation“, sondern der Versuch, das Leben Unbeteiligter zu retten.

Diese Pandemie hat üble Folgen. Für die Gesundheit, für die Wirtschaft und auch für den Geisteszustand einiger Zeitgenossen. Das Virus scheint nicht nur die Lunge und die Blutbahnen anzugreifen, sondern bei einigen auch die grauen Zellen dort, wo sich eigentlich ein Gehirn befinden sollte.

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