Lasset die Kindlein zu mir kommen…

Es sind nicht die Bäcker, nicht die Postboten und nicht die KFZ-Techniker – ein einziger Berufsstand muss nun Regeln gegen den systematischen Kindesmissbrauch erlassen: katholische Geistliche.

(KL) – Der jüngste Fall systematischen Kindesmissbrauchs in der katholischen Kirche in Pennsylvania wurde fast beiläufig zur Kenntnis genommen. 300 Priester haben jahrelang Kinder sexuell missbraucht und fast ist man geneigt zu sagen „wie fast überall“. Die katholische Kirche, die wahrscheinlich erfolgreichste kriminelle Vereinigung der letzten beiden Jahrtausende, sieht sich nun gezwungen, schärfere Regeln gegen das Phänomen des Kindesmissbrauchs zu erlassen – der in der katholischen Kirche so häufig ist, dass man Maßnahmen ergreifen muss. Die „Transparenz“, mit der die Institution Kirche das Thema behandelt, erinnert an die Antworttaktik der Mafia: Scheibchenweise gibt man schmallippig das zu, was ohnehin zweifelsfrei bewiesen werden kann. Ansonsten beschränkt sich die Strategie der katholischen Kirche darauf, den Mantel des Schweigens über die Verfehlungen ihres Bodenpersonals zu decken. Einzig Papst Franziskus scheint einen einsamen Kampf gegen die Pädophilie zu führen, die offenbar fester Bestandteil der „Kultur“ der katholischen Kirche ist.

„Wir haben die Kleinen vernachlässigt und fallengelassen“, schrieb Papst Franziskus kritisch gegenüber der Organisation, deren oberster Chef er ist. Doch, ohne es vermutlich zu wollen, leistet Papst Franziskus damit denjenigen Vorschub, die versuchen, die kriminellen Machenschaften katholischer Geistlicher zu minimieren. Denn durch die Verwendung der Vergangenheitsform suggeriert der Papst, dass es sich um ein „altes“ Problem handelt, mit dessen endgültiger Aufarbeitung man nun beschäftigt sei. Doch diese Art der Darstellung ist falsch – der Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche hat nicht schlagartig damit aufgehört, dass einige alte Fälle bekannt wurden, bei denen häufig, wie praktisch!, die Täter verstorben oder so vergreist waren, dass sie nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden konnten. Doch wer meint, dass der systematische Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche genau an der Verjährungsfrist aufgehört hat und heute Kinder im Schosse der katholischen Kirche vor Übergriffen sicher sind, der täuscht sich.

Da die katholische Kirche, daran wird auch Papst Franziskus nichts ändern können, vom Gesetz der Omerta regiert wird, stehen die Chancen hoch, dass alles so weitergeht wie bisher. Wie die katholische Kirche mit „aktuellen“ Fällen umgeht, zeigt der Fall des Priesters Joannes Rivoire. Dieser wird in Kanada mit Haftbefehl wegen Kindesmissbrauchs gesucht, wurde aber von seiner Organisation zunächst in der Vaucluse versteckt, bevor er 2015 nach Straßburg kam, wo er auf Kosten des Erzbischofs eine ruhige Kugel schieben kann. Geistlicher oder nicht, der Mann gehört ins Gefängnis und nicht in die samtige Bequemlichkeit kirchlicher Einrichtungen.

Doch wie kommt es, dass offenbar kein anderer Berufsstand so anfällig für Kindesmissbrauch ist? Der Grund dafür liegt wahrscheinlich im Zölibat, dessen Frustrationen offenbar so groß sind, dass sich viele katholische Geistliche an den schwächsten austoben, die ihnen vertrauensvoll in Obhut gegeben werden – Kinder. In einer Zeit, in der alle, auch Geistliche, permanenten sexuellen Reizen ausgesetzt sind, wäre es vielleicht an der Zeit, auch Priestern sexuelle Beziehungen zu gestatten, damit diese endlich aufhören, Kinder zu vergewaltigen.

So gut gemeint die Einlassungen von Papst Franziskus auch sind, ohne eine einschneidende Änderung der Art und Weise, wie Priester leben, werden die Missbrauchsfälle nicht abreißen. Die katholische Kirche muss ebenfalls einsehen, dass in Fällen von Kindesmissbrauch nicht etwa die eigene, sehr milde Gerichtsbarkeit zum Tragen kommt, sondern dass Vergewaltiger von Kindern nicht etwa verirrte Schäfchen sind, sondern eiskalte Kriminelle, die vor ein irdisches Gericht und in ein irdisches Gefängnis gehören und nicht etwa in die Apartments des Erzbistums. Bis dahin gibt es nur einen einzigen sicheren Weg, seine Kinder vor dem Missbrauch durch Geistliche zu schützen: Man sollte sie von der katholischen Kirche fernhalten. So bitter das auch klingen mag.

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