Liberté, égalité, fraternité – greift Frankreich die Pressefreiheit an?

Ist in Frankreich die Pressefreiheit bedroht? Der französische Fiskus versucht gerade, "Mediapart" finanziell in den Abgrund zu treiben.

Edwy Plénel, der Gründer von Mediapart, kämpft für eine freie Presse in Frankreich. Foto: Sanao / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Seit es sie gibt, ist die französische Online-Zeitung „Mediapart.fr“ den verschiedenen französischen Regierungen ein Dorn im Auge. Denn das Medium des früheren Chefredakteurs von „Le Monde“ Edwy Plenel hat sich dem investigativen Journalismus verschrieben und schont dabei niemanden, weder die Linken, noch die Rechten. Genau das könnte Mediapart zum Verhängnis werden.

Wenn man wie Mediapart über 100.000 zahlende Abonnenten hat und täglich von bis zu einer Dreiviertelmillion Menschen gelesen wird, wenn man dazu über erstklassige Journalisten verfügt, deren Recherchen immer wieder französische Minister ins Stolpern bringen, dann stört man. Und zwar so sehr, dass es so aussieht, als müssten sich Politik, Verwaltung und Justiz zusammenschließen, um solchen Medien das Wasser abzugraben.

Der Hebel sind Steuernachzahlungen. Denn seit 2009 weigert sich Mediapart, den regulären Mehrwertsteuersatz von 19,6 % abzuführen, mit dem nachvollziehbaren Argument, dass Printmedien lediglich mit einem MwSt.-Satz von 2,1 % besteuert werden. Dabei wurde im Februar 2014 vom Parlament und Senat beschlossen, auch Online-Medien in den Genuss dieses reduzierten Satzes kommen zu lassen. Wieso man diese vernünftige Regelung nicht rückwirkend in Kraft setzen kann, wurde bislang nicht erklärt.

Paris hat offensichtlich noch nicht den Wert eines solch großen, unabhängigen Mediums verstanden, das weder politischen Einflussnahmen, noch Rücksichtnahmen auf Anzeigenkunden unterworfen ist. Mediapart ist heute schon eine Art digitales Denkmal für die freie Meinungsäußerung und einer der wenigen Verfechter eines Journalismus, der diesen Namen tatsächlich verdient.

Jahrelang durften die großen, landesweiten Tageszeitungen mit einem reduzierten MwSt.-Satz arbeiten. Was praktisch einer Subvention des Großkapitals gleich kommt, denn alle großen, landesweiten Medien gehören noch größeren Finanzgruppen, die mit Hilfe dieser Medien „Kommunikation“ betreiben. Mediapart (und ein paar andere) sorgen hier für wohltuende Abwechslung und eine echte Information.

Der Versuch, Mediapart nun durch diese Steuer- und Strafzahlungen (4,2 Millionen Euro) in den Ruin zu treiben, sieht stark politisch motiviert aus. Ist dies die Gelegenheit, die freie Presse abzuwürgen? Bevor Mediapart die nächsten Skandale der französischen Politik aufdeckt und dabei die unbequemen, weil richtigen Fragen stellen kann?

In den 4,2 Millionen Euro an „unterschlagener“ Mehrwertsteuer, sind auch 300.000 Euro Strafe und als weitere Bestrafung eine Erhöhung von 1 Million Euro enthalten, wegen der „besonderen Schwere“ des Falls. Wobei die „besondere Schwere“ darin besteht, dass Mediapart eben Mediapart ist.

Ein Land, das so mit seinen Medien umgeht, das muss ziemlich viel Angst haben, dass Machenschaften öffentlich kritisch beleuchtet werden. Das, was Frankreich mit Mediapart (und anderen Online-Medien) zu inszenieren versucht, ist beschämend für ein Land, das die Universellen Menschenrechte auf den Weg gebracht hat.

In dieser Situation kann es nur eine Forderung geben – das Streichen dieser vermeintlichen Steuerschuld. Sofort. Ersatzlos. Damit es in Frankreich weiterhin eine freie Presse gibt.

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