„LuxLeaks“ – Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus…

Der Untersuchungsausschuss zu „LuxLeaks“ wird erst einmal verschoben. Obwohl die formellen Voraussetzungen im Europäischen Parlament gegeben waren.

Genießt offenbar "Artenschutz" für eine aussterbende Gattung lobbyhöriger Europapolitiker - Jean-Claude Juncker. Foto: euranet_plus / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Ach, ist es nicht schön, wenn die Europaabgeordneten einmal fraktionsübergreifend einig sind! Und ach wie schade, wenn es nur darum geht, den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker aus der Schusslinie zu nehmen. Dabei weiß inzwischen jeder, dass die Steuerdeals zwischen Luxemburg und über 300 multinational agierenden Konzernen zum großen Teil in seine Amtszeit als luxemburgischer Ministerpräsident fielen – und ohne sein Wissen nicht hätten realisiert werden können. Parlamentspräsident Martin Schulz hat keinen Grund stolz zu sein – denn mit solchen Aktionen treibt die Europapolitik die Menschen immer weiter weg vom institutionellen Europa.

Damit ein Untersuchungsausschuss im Europäischen Parlament eingesetzt werden kann, müssen 25 % der EU-Abgeordneten dies beantragen. Und das war der Fall. Auch, wenn Martin Schulz „von mindestens einem Fall“ sprach, in dem sich ein Abgeordneter „nicht mehr erinnern konnte, diesen Antrag unterschrieben zu haben“, so war es der Wille der von den Europäerinnen und Europäern gewählten Volksvertretern, die Vorwürfe zu untersuchen, die ziemlich klar sind – durch seine Steuerdeals hat Luxemburg einen Milliarden und Milliarden schweren Steuerverlust in allen EU-Mitgliedsstaaten angerichtet. Da deckt man dann doch lieber das Mäntelchen des Schweigens darüber.

Zwar kündigte Schulz an, dass das Parlament im Februar erneut über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses abstimmen werde, doch ist offensichtlich, dass Schulz auf Zeit spielt. Unterstützt übrigens von den großen „Volksparteien“, die diese Bezeichnung immer weniger verdienen. Einzig die Grünen stehen auf den Barrikaden. Rebecca Harms ärgerte sich laut darüber, dass das „Ausmisten des Augias-Stalls“ erst einmal verschoben wurde und das Timing dafür ist prächtig. Schulz legt nämlich die Abstimmung über die Einsetzung des Ausschusses in einen Zeitrahmen, in dem mehrere Länder Europas Karneval feiern und die Chancen gut stehen, dass Nachrichten aus dem Europaparlament nicht besonders wahrgenommen werden. Mit ein wenig Glück kann damit sogar der Ausschuss ganz verhindert werden, was dem sauberen Herrn Juncker sicher sehr gelegen käme.

Wieder einmal zeigen sich die großen Probleme der Europäischen Institutionen. Nach wie vor agieren diese nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, sondern vor allem für die Interessen des Kapitals. Und ganz offensichtlich haben die Europapolitiker immer noch nicht verstanden, was seit ein paar Tagen in ganz Europa passiert – die Menschen wollen andere Prioritäten setzen, haben den Hals gestrichen von einer als korrupt wahrgenommenen Politikerkaste voll und erwarten nun Transparenz und Bürgerbeteiligung, um eine neue, dem 21. Jahrhundert angemessene Gesellschaft in Europa aufzubauen. Was sie stattdessen bekommen, ist ein unwürdiges Schauspiel, bei dem es nur darum geht, Jean-Claude Juncker zu schützen, der immer mehr zum Symbol für das korrupte „Europa der Finanzmärkte“ wird.

Klar, Martin Schulz erklärte seine Entscheidung damit, dass der Vorgang derart wichtig sei, dass man ihn sorgfältig prüfen müsse. Was aber eigentlich die Aufgabe des Untersuchungsausschusses wäre, dessen Einrichtung er nun erstmal erfolgreich verschoben hat.

Nicht nur die Gesellschaften Europas stehen gerade vor einem Scheideweg. Doch anders als die Millionen Menschen, die für europäische Werte auf die Straße gehen, macht die europäische Politik genau so weiter, wie sie immer schon gehandelt hat. Und merkt dabei gar nicht, dass sie sich selber überflüssig und unglaubwürdig macht. Und dazu, so ganz nebenher, selbst den größten Beitrag dazu leistet, dass immer mehr Menschen in extremistische Lager abwandern, weil sie keiner der „Volksparteien“ mehr über den Weg trauen.

Dass nicht einmal die Welle der europäischen Solidarität, die gerade durch die Straßen unseres Kontinents schwappt, bei den Europapolitikern zu einem Umdenken führt, ist traurig und ein Zeichen, dass wir wieder einmal für die Falschen gestimmt haben. Da nützt es nichts, wenn Jean-Claude Juncker und Martin Schulz beim Trauermarsch in Paris in der ersten Reihe mitlaufen – zusammen gehören sie zu denen, die Europa für die Menschen nicht nur unattraktiv machen, sondern geradezu ein Bild Europas schaffen, das gegen die Interessen seiner 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger agiert. Damit Apple, Pepsi, IKEA und wie sie alle heißen, keine Steuern zahlen und ihre Gewinne maximieren. Mit diesem völlig überholten Politikverständnis dürfen sie sich allerdings nicht wundern, wenn die Menschen in Europa die europäischen Institutionen eher als kriminelle Vereinigung, denn als die Verwalter ihrer Interessen betrachten.

1 Kommentar zu „LuxLeaks“ – Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus…

  1. Da kann man nur zustimmen. Die letzte Solidaritätsbewegung die in Frankreich und auch in der ganzen Welt eine so grosse positive Energiewelle verbreitet hat, wurde von niemanden, geschweige denn Politikern, geahnt. Das sollte doch denjenigen klar machen dass sie, durch ihr Verhalten, die Bedingungen schaffen, spontane Demonstrationen gegen den europäischen Elfenbeinturm in Gang zu bringen. Diese werden aber dann nicht unbedingt in einer positiven Stimmung durchgeführt. Es ist eher zu befürchten dass es zu Gewalt und Zerstörungen kommen kann. Das will doch keiner, oder ?

Hinterlasse einen Kommentar zu Brucker Antworten abbrechen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste