Machen wir den gleichen Fehler noch einmal?
China produziert Anlagen für erneuerbare Energien in Serie. Und zwar deutlich billiger als in Europa. Verliert Deutschland jetzt auch das Momentum bei der Windenergie?
(KL) – Dass Deutschland auf erneuerbare Energien setzt, ist natürlich richtig und immer weiter von Erfolg gekrönt. Im April erlebte Deutschland den ersten Tag, an dem der gesamte Energieverbrauch aus erneuerbaren Energien stammte. Photovolatik, Windenergie, Hydraulik – alles scheint zu funktionieren. Nur – wie bereits bei der Sonnenenergie, in der Deutschland einst führend war, bevor chinesische Hersteller mit Dumpingpreisen ein Massensterben der deutschen Photovoltaik-Hersteller auslösten, droht nun das gleiche Schicksal auch bei der Windenergie. Der Waterkant-Windpark in der Nordsee wird mit 16 riesigen Windrädern made in China gebaut, was den deutschen Herstellern buchstäblich den Wind aus den Segeln nimmt.
Die 16 Windräder in dem Offshore-Windpark, der sich rund 90 Kimometer vor der Insel Borkum in der Deutschen Bucht befindet, sind gigantisch. 160 Meter hoch, 260 Meter Durchmesser für die drei Rotorblätter, widerstandsfähig selbst gegen heftigste Stürme, wie sie auf der Nordsee passieren. Aber diese Windgiganten stammen aus chinesischer Herstellung und kosten nach Angaben der Betreiber Luxcara GmbH deutlich weniger als Anlagen aus europäischer Herstellung.
Die Branche beklagt, dass der chinesische Hersteller „Ming Yang Smart Energy“ stark subventioniert wird und damit den europäischen Herstellern wie Nordex, Siemens Gamesa oder Vestas das Wasser abgräbt. Doch zur Kapazität der europäischen Hersteller, die geplanten 1000 weiteren Offshor-Windanlagen herzustellen, gibt es unterschiedliche Angaben. Und da stellt sich die Frage, ob man sich bei der Windkraft nun auch in eine Abhängigkeit von China begibt, denn die (Fern-)Wartung dieser Anlagen soll von China aus erfolgen. Was allerdings auch bedeutet, dass man in China auf Knopfdruck die Stromerzeugung dieser Anlagen nach Belieben stoppen könnte.
Die Windenergie ist einer der Stützpfeiler der deutschen Energie-Strategie. Alleine der Waterkant-Windpark wird mit diesen 16 Windrädern ab 2028 Strom für 400.000 Haushalte produzieren. Momentan werden in deutschen Offshore-Anlagen 9 Gigawatt Strom produziert, was bereits 9 der früher 19 genutzten Atomkraftwerke entspricht. Bis 2030 soll diese Kapazität auf 30 Gigawatt gesteigert werden, wofür man weitere 1000 Windräder vor den deutschen Küsten braucht. Die Branchenverbände vertreten die Ansicht, dass die europäischen Hersteller durchaus in der Lage sind, diese Anlagen zu bauen, doch die Frage ist auch, zu welchem Preis. Die von „Ming Yang Smart Energy“ produzierten 18,5 Megawatt-Giganten sind momentan die leistungsstärksten Windanlagen der Welt und sie kosten weniger als die kleineren Anlagen, die in Europa hergestellt werden.
Bei der Auftragsvergabe, so der Branchenverband WindEurope, warnt vor einer ähnlichen Entwicklung wie bei der Sonnenenergie. So sollten die Projektentwickler nicht nur auf den reinen Preis der Anlagen schauen, sondern berücksichtigen, dass europäische Windanlagen ein Garant für Energie-Unabhängigkeit von Drittstaaten sind. Nach den Erfahrungen mit russischen Energielieferungen sollte es das Ziel der Europäischen Union sein, diesen Bereich zu stärken und notfalls selbst zu subventionieren, so wie es auch China macht. Denn andernfalls riskieren die Europäer, dass die eigenen Hersteller einer nach dem anderen pleite gehen und der Markt für Windanlagen komplett unter chinesische Kontrolle gerät. Mit „Energie-Unabhängigkeit“ hätte das dann wieder nichts zu tun und Europa würde seine starke Position im Bereich der Windkraft, wie schon bei der Photovoltaik, an China abtreten müssen.
Dass Projektentwickler wie die Luxcara GmbH nach betriebswirtschaftlichen Aspekten handelt, kann ihr niemand verdenken. Doch dann ist es eine Frage der europäischen Energiepolitik, ob man diesen Bereich in europäischer Hand behalten oder eben an China abtreten möchte. Will die EU die Windenergie in eigener Regie ausbauen, wird ihr nichts anderes übrigbleiben, als solche Offshore-Windparks zu subventionieren. Aber ist dafür überhaupt noch genug Geld da?
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