Macron verliert sein “ökologisches Feigenblatt”

Mit dem geräuschvollen Rücktritt von Umweltminister Nicolas Hulot verliert die französische Regierung ihr „ökologisches Feigenblatt“. Jetzt wird es schwierig, im Bereich Ökologie glaubwürdig zu bleiben.

In der Person von Nicolas Hulot verliert Emmanuel Macron sein "ökologisches Feigenblatt"... Foto: Olivier "toutoune25" Tétard / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die Ernennung von Nicolas Hulot zum französischen Umweltminister war ein genialer Schachzug von Emmanuel Macron. Nicolas Hulot ist eine Art französischer Horst Stern oder Bernard Grzimek, der vor seinem Ministeramt eine bemerkenswerte Karriere als Dokumentarfilmer und Umweltaktivist hingelegt hatte. Dass er jetzt das Handtuch wirft, zeigt, was für eine Politik Frankreich gerade im Bereich Umweltschutz führt. Und plötzlich merken es alle: Diese neue Regierung ist vor allem stark, wenn es darum geht, vollmundige Ankündigungen zu machen und andere zu kritisieren. Doch die konkrete Arbeit im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, also nicht nur der großen Konzerne, entpuppt sich als Achillesferse der neuen Regierung. Die Begründung, die Hulot für seinen Rücktritt anführt, sind eine Art Offenbarungseid der Macron’schen Politik.

„Wir setzen nach wie vor alles daran, ein Wirtschaftsmodell aufrecht zu erhalten, das für alle klimatischen Störungen verantwortlich ist“, sagte Nicolas Hulot, „und ich habe mich dabei ertappt, wie ich meine eigenen Ansprüche immer weiter nach unten geschraubt habe.“ Dies ist ein Schlag ins Kontor der „Business-Politik“, die von der neoliberalen Regierung geführt wird. Und da, wie so häufig, die Interessen der Wirtschaft und diejenigen der Bürgerinnen und Bürger nicht deckungsgleich sind, hat Emmanuel Macron die Marschrichtung vorgegeben: Die Menschen sind nicht so wichtig, es zählt einzig und allein das „Bug Business“.

Die Liste der Dinge, die Hulot zum Rücktritt veranlasst haben, ist lang. Glyphosat, Biodiversität, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Überprüfung naturbelastender Projekte, die nun erfolgte Halbierung der Kosten für Jagdscheine (weil Jäger so arme Menschen sind, dass man ihnen finanziell entgegenkommen muss…) und und und – in keinem dieser Fälle hat sich die französische Regierung im Sinne der Menschen entschieden. Mit seinem Rücktritt beendet Nicolas Hulot auch die Mär von der „anderen Politik“, die Macron in seinen Wahlkämpfen angekündigt hatte. „Wir sind die Welt von morgen“, hatte Macron vor einem Jahr großspurig in jedes Mikrophon gerufen, das ihm vor die Nase gehalten wurde. Nur knapp ein Jahr später stellen die Franzosen enttäuscht fest, dass es leider immer noch die „Welt von gestern“ ist, in der lediglich die handelnden Personen ausgetauscht wurden.

Erstaunlich ist an diesem Rücktritt weniger, dass ein Minister das Kabinett verlässt, so etwas passiert dauernd. Bemerkenswert ist aber, dass Nicolas Hulot seinen Rücktritt für eine Art Generalabrechnung mit der Regierung nutzt. „Emmanuel Macron und Edouard Philippe [der Premierminister] haben immer noch nicht verstanden, worum es wirklich geht“.

Nicolas Hulot will diese Politik auf jeden Fall nicht mehr mittragen. Doch sein Ausscheiden, so verständlich es auch sein mag, wenn man an jeder Ecke von den Lobbys und den Vorgesetzten ausgebremst wird, ist keine gute Nachricht. Denn dieser Rücktritt ist der Beweis, dass man a) auf Jahre hinaus nicht mit einer vernünftigen französischen Umweltpolitik rechnen kann und b) dass die neue französische Regierung deutlich amateurhafter mit ihrer Aufgabe umgeht, als dies den Franzosen und Europa lieb sein kann. Alles in allem – besorgniserregend.

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