Märchenstunde mit Onkel Fritz

Sollten die Einlassungen von Bundeskanzler Friedrich Merz bei der 40-Jahr-Feier des Schengen-Abkommens Satire sein? Wenn ja, war seine Ansprache ein Volltreffer...

Oje, jetzt brauchen wir schon Durchhalte-Parolen für "Schengen"... Foto: Wikisaar / Wikimedia Commons / CC-BY 4.0int

(KL) – Kurze Rückblende – nachdem Friedrich Merz mit Ach und Krach zum Bundeskanzler gewählt worden war, bestand seine erste Maßnahme darin, Deutschlands Grenzen erneut mit verschärften Grenzkontrollen zu überziehen, unter denen die Menschen in den Grenzregionen bis heute leiden. Faktisch stieg Deutschland damit aus dem Schengen-Raum aus, wobei Deutschland leider nicht das einzige Land in Europa ist, das sich nicht mehr an „Schengen“ hält. Aber seine Einlassungen bei der 40-Jahr-Feier des Schengen-Abkommens am Wochenende klangen wie Hohn.

Die seit Merz Amtsantritt stattfindenden Grenzkontrollen, die eigentlich durch das Schengen-Abkommen beendet wurden, waren nichts anderes als eine Verbeugung von Merz vor der AfD und deren Wählerschaft, ein Zeichen, dass die CDU genauso rechtsextrem agieren kann wie die AfD. Doch wenn Merz nun in Schengen zum Besten gibt, dass „Schengen einzigartig ist, das Fundament unseres freien Europas“, dann sollte die Frage gestattet sein, warum der Mann dann diese wichtige Errungenschaft einfach abgeschafft hat? Bedeutet ihm „unser freies Europa“ wirklich gar nichts? Gehört Merz auch zu denjenigen, für die Europa nur noch ein Erfüllungsgehilfe für die Finanzmärkte und die Rüstungsindustrie ist?

Nachdem Merz „Schengen“ abgeschafft hat, klingen Sätze wie „So soll es auch bleiben: Wir wollen einen starken Binnenmarkt ohne Restriktionen“ wie Realsatire. Denn das, was Merz nun so schön formuliert, das hatten wir, bis er an die Macht kam und „Schengen“ abschaffte.

Dass Merz Kotau vor der AfD dieser nur weitere Wähler in die Arme treibt, das hat Merz ebenso wenig begriffen wie zuvor die SPD von Olaf Scholz. „Schengen“, das war das von den Menschen gelebte Europa, das es nun schon eine ganze Weile nicht mehr gibt, wie die Zehntausenden Berufspendler seit Monaten am eigenen Leib erfahren. Und natürlich bedient Merz damit auch das Narrativ der AfD, nach dem Flüchtlinge und Migranten gefährliche Kriminelle sind, vor denen man sich schützen muss. Mit diesem Argument verhafteten übrigens während des II. Weltkriegs auch die Schweizer Behörden jüdische Flüchtlinge, bevor sie diese wieder den Nazi-Behörden auslieferten.

Es wäre weniger zynisch gewesen, hätte Merz auf die Teilnahme an den Festlichkeiten zum 40. Jahrestag des Schengen-Abkommens verzichtet. Eine Lobrede auf ein Abkommen zu halten, das er selbst gerade erst außer Kraft gesetzt hat, ist unglaublich, passt aber in das Gesamtbild der aktuellen Weltpolitik, das von Propaganda, Lügen und einem neonationalistischen Narrativ geprägt ist. Aber glaubt Merz wirklich, dass die Menschen so blöd sind, dass sie die Inkohärenzen zwischen seinem Diskurs und seinem Handeln nicht bemerken?

Und so bröckelt Europa weiter, macht sich selbst immer weiter überflüssig und wird irgendwann nur noch ein Parkplatz für abgehalferte National-Politiker sein, die man daheim nirgends mehr mit einem Versorgungspöstchen beglücken konnte. Wir Bürger Europas hätten eigentlich Besseres verdient…

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