Mal ehrlich, der „deutsch-französische Motor“ stottert…

Die Deutschen zeigen mit dem Finger auf die Franzosen, die Franzosen auf die Deutschen. Und alle beklagen sich, dass der „deutsch-französische Motor“ für Europa gar kein Motor ist. Schuld daran sind beide.

In den deutsch-französischen Beziehungen ist nicht alles so toll, wie alle immer sagen. Foto: Cobber17/Jpbazard / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.5

(KL) – Ja, die Zeiten, in denen sich Charles de Gaulle und Konrad Adenauer über die Bedenken ihrer jeweiligen Parlamente hinweg setzten, um die deutsch-französische Zusammenarbeit in Schwung und die Aussöhnung zwischen beiden Ländern auf den Weg zu bringen, sind ebenso vorbei wie die Zeiten, in denen sich ein François Mitterand und ein Helmut Kohl spontan die Hände über den Gräbern von Verdun reichten. Heute prägt ein dumpfer und nationaler Egoismus die Beziehungen zwischen beiden Ländern, auch wenn man in Paris und Berlin nicht müde wird zu beteuern, wie wichtig doch dieses „Tandem“ für die weitere Entwicklung Europas sei. Doch dieses „Tandem“ gibt es in Wirklichkeit gar nicht.

Frankreich und Deutschland haben den Rhein als Grenze wiederentdeckt – und stellen damit alle Versuche auf den Kopf, ein wirklich geeintes Europa vorzubereiten. Gründe gibt es hierfür gleich mehrere. Zum einen, das weiß man seit langem, sind die politischen Systeme derart inkompatibel, dass sich echte gemeinsame Projekte nur schwer realisieren lassen. Dazu kommen völlig unterschiedliche Wirtschaftsinteressen und zu guter Letzt leiden die Beziehungen zwischen beiden Länder auf hohem Niveau unter den gleichen Problemen wie im täglichen Leben in den Grenzregionen – auf beiden Seiten fehlt es an sprachlicher und interkultureller Kompetenz. Die hohe Politik redet zwar miteinander, versteht sich aber nicht.

Am Wochenende gingen die deutschen IHKs in die Offensive und berichteten über die Erschwernisse, die deutsche Unternehmen inzwischen haben, wenn es darum geht, nach Frankreich zu liefern oder dort aktiv zu werden. Hintergrund ist die Verpflichtung für ausländische Firmen, den französischen Mindestlohn nicht nur einzuhalten, sondern darüber auch noch in komplizierten administrativen Abläufen die Nachweise zu führen. Dies beinhaltet unter anderem die Verpflichtung, dass ausländische Unternehmen, die in Frankreich aktiv sind, einen französischsprachigen Ansprechpartner für die französische Verwaltung haben müssen, um diese Abläufe besprechen zu können. Doch welches mittelständische Unternehmen beschäftigt einen französischsprachigen Experten für komplizierte Verwaltungsabläufe? Diese Vorschrift kann man also getrost als „prohibitiv“ und „protektionistisch“ bezeichnen, ihr Ziel ist es, ausländische Unternehmen vom französischen Markt fern zu halten.

Doch auf der deutschen Seite stellt man sich nicht kooperativer an. So gibt es zwar Abkommen, nach denen französische Ausbildungszertifikate auch in Deutschland anzuerkennen sind, um eine höhere Durchlässigkeit der Arbeitsmärkte zu ermöglichen, doch hier sind es die deutschen Handwerkskammern, die unnötige Hindernisse aufbauen, um den heimischen Markt gegenüber europäischen Partnern abzuschotten. Statt einer automatischen Anerkennung praktizieren die Handwerkskammern eine Einzelfallprüfung, die für die betroffene Person mit Kosten zwischen 400 und 600 € verbunden ist und keinerlei Garantie beinhaltet, diese Anerkennung seiner Ausbildungsnachweise auch tatsächlich zu erhalten. Und auch das ist nur ein Beispiel von vielen für die Abschottung, die beide Seiten trotz aller hübschen Sonntagsreden praktizieren.

Der neue „Motor“ Europas ist nicht die in der Praxis kaum funktionierende deutsch-französische Zusammenarbeit, die dort, wo sie positive Ergebnisse zeitigt, dies nicht etwa dank, sondern trotz des politischen Umfelds tut. Es wäre an der Zeit, diesen Tatsachen ins Gesicht zu blicken, statt sich gegenseitig bei nutzlosen Treffen und an teuren Buffets zu versichern, wie toll alles läuft. Es läuft nämlich gar nicht so toll…

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