Manfred Weber? Michel Barnier!

Warum der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei bei den Europawahlen Michel Barnier und nicht Manfred Weber heißen sollte.

Manfred Weber (CSU) möchte gerne Präsident der Europäischen Kommission werden. Keine gute Idee... Foto: Michael Lucan / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0de

(KL) – Nichts gegen Manfred Weber, einen der CSU-Abgeordneten im Europäischen Parlament, der überzeugter Europäer ist, was heute im Europäischen Parlament ja bereits ein erwähnenswerter Umstand ist. Ebenfalls erwähnenswert ist sein herzlicher Umgang mit Ungarns Viktor Orban und den anderen Regierungschefs der Visegrad-Staaten und seine Phantasie, „Europa zur Weltmacht“ zu machen, wie er dem ORF im Interview sagte. Nun will Manfred Weber Spitzenkandidat der EVP für die Europawahlen werden und sich damit die Pole Position für die Neubesetzung des Postens von Jean-Claude Juncker an der Spitze der Europäischen Kommission sichern. Warum er das besser nicht werden sollte? Dafür gibt es gute Gründe.

Bei der letzten Europawahl 2014 zeigte sich die ganze Misere der Europäischen Union: Nachdem man den 500 Millionen Europäerinnen und Europäern monatelang suggeriert hatte, dass der Spitzenkandidat der stärksten Partei auch Präsident der Europäischen Kommission würde, was bedeutete, dass die Bürgerinnen und Bürger ihren Kommissionspräsidenten direkt hätten wählen können, machte die europäische Politik direkt nach der Wahl einen Rückzieher und erklärte, dass natürlich nicht die Bürger den Präsidenten der Kommission wählen, nur um dann am Ende doch mit Juncker den Kandidaten zu wählen, den auch die Bürgerinnen und Bürger gewählt hätten – ein echter Schildbürgerstreich der europäischen Spitzenpolitik. Und 2019?

Manfred Weber will also in letzter Konsequenz Präsident der Europäischen Kommission werden. Ist auch ein toller Job, nur sollte dieser Job in den kommenden Jahren nicht von einem Deutschen ausgefüllt werden. Die von Wolfgang Schäuble und Angela Merkel betriebene „Germanisierung“ Europas sollte keine Fortsetzung bei der Besetzung eines der wichtigsten Ämter in der EU werden. Die deutsche Austeritätspolitik der letzten beiden Jahrzehnte hat mehrere Länder Südeuropas in tiefe Krisen gestürzt und es wäre an der Zeit, würde sich Deutschland ein wenig mehr in „europäischer Bescheidenheit“ üben. Zumal es (mindestens) einen weiteren Kandidaten gibt, der über jeden Zweifel erhaben ist – Michel Barnier.

Michel Barnier führt gerade in bemerkenswerter Art und Weise die Verhandlungen für die EU mit Großbritannien über den Brexit. Diese schwierige Aufgabe erfüllt er mit Ruhe, strategischer Übersicht und fester Bestimmtheit – Qualitäten, die der künftige Präsident der Kommission brauchen wird. Dies qualifiziert ihn deutlich eher als Manfred Weber. Denkbar wäre ebenfalls ein Kandidat aus einem südlichen europäischen Land, denn obwohl Weber das Motto „Ein ‚weiter so‘ gibt es mit mir nicht“ für seine Kandidatur ausgegeben hat, so steht der Mann mit seiner Partei genau dafür: „Weiter so!“. Und das wäre ganz schlecht für Europa.

Europa 2019 in deutsche Hände zu legen, ist keine gute Idee. Europa muss sich föderal aufstellen, das Gewicht der einzelnen Staaten stärken, gerechter und solidarisch werden und das ist unter deutscher Führung nur schwer vorstellbar. Leider.

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