Mayday, Mayday….

Die britische Regierungschefin wird es am Ende noch schaffen, die britischen Inseln im Atlantik zu versenken. Ihr neues politisches Brexit-Projekt bereitet vor allem eines vor: das Ende ihrer Karriere.

Beruflich wird sich Theresa May in absehbarer Zeit neu orientieren müssen... Foto: Matt Brown from London, England / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Auf geht’s in die nächste Runde des Brexit-Dramas. Nachdem sich alle Akteure eine Atempause gegönnt und sich mehr oder weniger um den Europawahlkampf gekümmert hatten, geht es in der ersten Juni-Woche weiter. Dann lässt Theresa May erneut über ihren Brexit abstimmen und für diese vierte Abstimmung hat sie sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Denkt sie. Aber so toll sind auch ihre neuen Pläne nicht.

Das, was Theresa May im Juni zur Abstimmung bringen wird, ist nicht etwa ein konkretes Projekt für einen Brexit-Vertrag, sondern ein Gesetzentwurf, der festlegen soll, wie die Brexit-Schritte zu erfolgen haben. Und sollten ihr die britischen Abgeordneten hierfür against all odds die Zustimmung geben, dann gäbe es die Möglichkeit, die Briten über das endgültige Paket noch einmal abstimmen zu lassen. Das „Final Say Referendum“? Ein Hoffnungsschimmer? Theresa May will auf jeden Fall Klarheit haben und das wäre nun auch mal wirklich Zeit. Für sie bedeutet die Abstimmung im Juni nicht mehr und nicht weniger als dass „sie [die Abgeordneten im Unterhaus, Anm. d. Red.] werden vor einer klaren Entscheidung stehen: entweder dafür, den Brexit umzusetzen oder dafür, sich erneut zu drücken“.

Interessant an diesem Ansatz ist eigentlich nur eines – die Möglichkeit, den Briten ein zweites Mal die Chance zu geben, sich für oder gegen den Brexit auszusprechen, jetzt, wo sie wissen, was der Brexit tatsächlich für sie bedeutet. Theresa Mays Abstimmung könnte sich daran entscheiden, wie klar die Bedingungen für ein solches, zweites Referendum definiert sein werden. Denn die Idee eines zweiten Referendums ist auch für einige Labour-Abgeordnete der Königsweg, auch, wenn ihr Chef Jeremy Corbyn selbst zu den Brexit-Befürwortern (!) zählt und auch bei den Tories gibt es etliche Abgeordnete, die gegen den Brexit sind und ein zweites Referendum gutheißen würden.

Einen Tipp abzugeben, wie sich die britischen Abgeordneten entscheiden werden, wäre mehr als gewagt. Dennoch verengen sich mit fortschreitender Zeit auch die politischen Optionen für Theresa May. Sollte das Unterhaus ihrem Vorschlag zustimmen, wird sie aus dem zweiten Referendum nicht herauskommen – und eine solche zweite Abstimmung könnte dem Brexit-Spuk ein kurzes und schmerzloses Ende verschaffen. Sollte das Parlament auch zum vierten Mal gegen ihren Vorschlag stimmen, ist die politische Karriere Theresa Mays vorbei – denn spätestens dann wird sie zurücktreten oder aber eine der Parteien im Unterhaus wird ein Misstrauensvotum verlangen.

Und auch dann, wenn das Unterhaus zustimmen sollte, hätte Theresa May noch nicht viel erreicht, denn erst dann stünde die Ausgestaltung eines Brexit-Vertrags an, also genau die Übung, an der die Briten seit inzwischen drei Jahren kläglich scheitern. Und am Ende können ihr die Briten dann das ganze Projekt noch um die Ohren schlagen. Allerdings sind die aktuellen Umfragewerte ziemlich britisch – eine Zusammenfassung von 69 kleineren Umfragen in Großbritannien ergibt folgendes unklares Bild – 42 % der Briten würden für den Verbleib in der EU stimmen, nur noch 33 % wollen immer noch den Brexit und 25 % der Wählerinnen und Wähler sind noch unentschlossen. Die Zahlen der letzten Monate bestätigen sich, „Remain“ liegt nach wie vor deutlich vor „Brexit“. Da diese Zahlen von der britischen Regierung kommen, darf man davon ausgehen, dass man sie dort auch kennt. Wie lange noch will Theresa May an diesem wahnwitzigen Projekt basteln, das nur einer von drei Briten wünscht?

Trends? Prognosen? Analysen? Kaffeesatzleserei! Niemand kann heute sagen, wie dieses Brexit-Drama enden wird. Nur eines scheint ziemlich klar zu sein: Die politische Karriere der Theresa May wird mit dem Ende der Akte „Brexit“ enden. Doch das wird nicht mehr viel nützen, denn der politische Schaden, den May in ihrem Land angerichtet hat, wird nicht mit ihrem Karriereende vorbei sein. Das politische Großbritannien wird sich politisch komplett neu aufstellen müssen, die Zeit der Mays und Corbyns ist vorbei. Doch zuvor muss noch eine nicht ganz unwichtige Frage geklärt werden und zwar diejenige, welche die Mitgliedschaft des Vereinten Königreichs in der EU betrifft: Sein oder Nichtsein…

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