Mehr Lebensqualität für LKW-Fahrer?

Das „Mobility Package“ wird den Transport- und Speditions-Sektor in Europa neu regeln. Ob dies das Ende unwürdiger Arbeitsbedingungen für LKW-Fahrer sein wird, muss sich erst noch zeigen.

Trucker führen ein hartes Leben - doch das soll künftig erleichtert werden. Foto: Jochen Teufel / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Hinter dem „Mobility Package“, das nun vom Europäischen Parlament verabchiedet wurde und das die Ruhe- und Rückkehrzeiten für LKW-Fahrer neu regelt, versteckt sich mehr als „nur“ eine geplante Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen für Fernfahrer. Seit Jahren werden diese Fahrer im internationalen Warenverkehr unter teilweise unmenschlichen Bedingungen ausgebeutet, müssen aus Angst um ihren Arbeitsplatz Gesetzesverstöße begehen, um ihre Liefertermine einzuhalten und viele LKW-Fahrer, vor allem aus dem Osten Europas, fahren teilweise auf hoch gefährlichen und unzureichend gewarteten Fahrzeugen. Dazu stranden die Fahrer regelmäßig irgendwo in Europa, wenn ihre Disponenten keine direkten Anschlussaufträge für sie haben. Das alles soll nun anders werden und das „Mobility Package“ wird den Wettbewerb in diesem Bereich neu ordnen.

Das „Mobility Package“ soll die Rechte der Fahrer stärken. Vor allem dadurch, dass die „Nomaden-Transporter“, die oft planlos durch Europa fahren, künftig alle acht Wochen zurück in das Heimatland fahren müssen und dadurch, dass die Fahrer mindestens alle vier Wochen nach Hause fahren können müssen. Dazu wird ein „Kabinenschlafverbot“ eingerichtet, was bedeutet, dass wenn ein Fahrer irgendwo über das Wochenende strandet, er nicht in der LKW-Kabine schlafen darf. In solchen Fällen ist der Spediteur künftig gehalten, seinem Fahrer ein Hotel oder eine andere Unterkunft für diese Wochenendzeiten zu zahlen.

Fraglich ist, ob die Fahrer dies überhaupt wollen – viele Trucker betrachten ihren LKW als ihre „Wohnung“ und sind darauf angewiesen, die ohnehin knappen Spesen möglichst sparsam zu verwenden, um ihre niedrigen Löhne etwas aufzubessern. Auch eine logistische Frage stellt sich – angesichts von geschätzten 3,6 Millionen LKW-Fahrern in Europa fehlen an den wichtigsten Verkehrsknotenpunkten günstige Hotels und gesicherte Parkmöglichkeiten, auf denen sichergestellt ist, dass die Ladung der LKWs auch am nächsten Morgen noch da ist.

Für viele der Speditionen in Osteuropa bedeutet das „Mobility Package“ den Einsturz ihres Geschäftsmodells. Denn die neuen Regelungen, zu denen auch ein obligatorisches elektronisches Fahrtenschreibersystem gehört, werden Kosten verursachen, die in ihrem Lohndumping- und extremem Kosteneinsparungs-Modell nicht darstellbar sind. LKWs müssen aufgerüstet werden und man muss damit rechnen, dass die Kosten für eine menschenwürdige Übernachtung an den Wochenenden nur widerwillig, wenn überhaupt, von diesen Firmen getragen werden. Man wird sehen, wie sich dieses „Mobility Package“ in der Praxis auswirken wird, doch darf man damit rechnen, dass sich der Markt neu sortieren wird. Überleben werden wohl die großen Speditionen aus den westlichen Ländern, die in der Lage sind, die neuen Regelungen umzusetzen. Im Osten Europas dürfte das „Mobility Package“ eher zu zahlreichen Firmenschließungen und Entlassungen führen. Doch dieser Umstand könnte insgesamt auch die Sicherheit auf Europas Straßen erhöhen, auf denen nach wie vor „rollende Zeitbomben“ mit völlig überlasteten Fahrern unterwegs sind.

Die Lebensbedingungen der Trucker zu verbessern, ist eine absolut lobenswerte Initiative. Es gibt wenig Branchen, in denen die Arbeitnehmer einem höheren Druck und widrigeren Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind. Wer investieren möchte, der sollte jetzt Aktien von Billig-Hotelketten erstehen, denn wir werden einen echten Bauboom auf der grünen Wiese entlang der großen Verkehrsachsen Europas erleben. 3,6 Millionen LKW-Fahrer müssen künftig vernünftig untergebracht werden und hierfür werden entsprechende Kapazitäten gebaut und betrieben werden müssen.

Dadurch ist auch klar, dass Transportdienstleistungen teurer werden müssen und dass es zu einem scharfen Wettbewerb kommen wird, der sehr zum Nachteil der osteuropäischen Spediteure ausfallen wird. Und man darf gespannt sein, ob und wie die Einhaltung der neuen Richtlinie überwacht werden wird. Drücken wir den Truckern die Daumen, dass sich wirklich etwas an ihrer Lebensqualität verbessern wird!

1 Kommentar zu Mehr Lebensqualität für LKW-Fahrer?

  1. Danke für den tollen Beitrag zum Thema Lebensqualität für LKW-Fahrer. Mein Cousin überlegt eine Ausbildung zum LKW-Fahrer zu machen, um später in der Bergung von LKWs arbeiten zu können. Ich wusste gar nicht, dass 3,6 Millionen LKW-Fahrer in Hotels und Pensionen untergebracht werden müssen.

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