Mini-Serie (5) – Das war also Venedig…

In dieser Mini-Serie zeigt der Straßburger Photograph Bernard Guerrier Venedig vor den Unwetterschäden. Ob man diese Stadt jemals wieder so sehen wird?

Venedig, die Stadt der Brücken, der Verbindungen und des offenen Verständnisses - kurz vor ihrer Zerstörung. Foto: (c) Bernard Guerrier 2019

(KL / Bernard Guerrier) – Venedig ist die Stadt der Brücken. Der kurzen Wege, die einen von hier nach dort bringen. Der Verbindungen, die den Ausflug „nach drüben“ genauso ermöglichen wie den Rückzug zu sich. Nur die echten Venezianer kennen sich in diesem Gewirr von Kanälen und Brücken aus, wobei etliche dieser Brücken lediglich von einem Palast zum anderen auf der anderen Kanalseite führen. Mit ihren Brücken ist Venedig ein Symbol dessen, was in der Welt von heute fehlt.

Wir leben in der Zeit der Mauern. Mauern werden zwischen Ländern errichtet, zwischen Regionen, zwischen Menschen. Angesichts einer überbordenden Globalisierung ziehen sich immer mehr Menschen in einen für sie überschaubaren Lebensraum zurück, von dem man meint, ihn zu beherrschen und zu überblicken. Alles, was außerhalb dieses überschaubaren Lebensraums passiert, wird als Bedrohung wahrgenommen. Jeder, der von außerhalb dieses Lebensraums stammt, ist ein potentieller Feind. Die Offenheit, die Neugier auf den Anderen, bleiben dabei auf der Strecke.

Venedig, wie andere Städte auch, ersticken an unserer Jagd nach Geld. Ob Palma de Mallorca, Amsterdam, Barcelona und viele andere Städte – wir opfern die natürlich gewachsenen Strukturen dieser Städte, wir zerstören die Umwelt um diese wunderbaren Städte herum, damit der Massentourismus Geld in die Kassen spült. Leidtragende sind die Bewohner dieser Paradiese, die Menschen, die diese Orte zu dem gemacht haben, was sie sind. Die Einheimischen finden keine Wohnungen mehr, da es lukrativer ist, die Wohnungen auf AirBnB für Touristen anzubieten und das hat bereits dazu geführt, dass die angestammte Bevölkerung in die Randbezirke vertrieben wird oder gleich ganz wegziehen muss.

Venedig ist ein trauriges Beispiel für diese Entwicklung. Die zerstörerischen Überschwemmungen, die Venedig im November erlitten hat, sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Fahrrinnen, die zur Stadt hinführen, so tief ausgegraben wurden, dass der natürliche Schutz vor Überschwemmungen verloren ging und die Stadt im Meer versinkt. Damit Kreuzfahrtschiffe in der Größe einer Kleinstadt in Fußnähe zum Markusplatz anlegen können. Doch wenn das Paradies endgültig im Meer versunken ist, werden auch keine Kreuzfahrtschiffe mehr kommen und das Paradies ist zur Geschichte geworden.

Die Brücken Venedigs sind ein Aufruf innezuhalten und nachzudenken. Ist es ein Zukunftsmodell, die Paradiese zum Nutzen des Massentourismus zu zerstören? Genießen Sie Venedig, so lange das noch geht. Viel Zeit dazu werden Sie nicht mehr haben.

Alle Photos / toutes les photos © Bernard Guerrier 2019

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