Mit dem Rücken an der Wand

Die Situation in der Ukraine entwickelt sich momentan nicht sehr positiv für Wladimir Putin. Langsam werden seine Optionen knapp – doch das bedeutet nicht, dass der Krieg bald vorbei ist.

Schwer vorstellbar, dass Putin am Ende klein beigibt. Foto: Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die russische Armee muss in der Ukraine Rückschläge einstecken. Das ist gut und man freut sich, dass die Waffen für 36 Milliarden €, die bislang in die Ukraine geliefert wurden, auch etwas bringen. Nur, durch diese Entwicklung gerät Putin immer mehr unter Druck, nicht nur militärisch, sondern auch innenpolitisch. Noch sind die Proteste gegen den Krieg in der Ukraine zaghaft und wohl verklausuliert, doch gerät der Kreml momentan in Erklärungsnot.

Bislang war die Propaganda in Russland auf einen klaren Erfolg der „Spezialoperation“ ausgelegt, doch dieses Märchen kann inzwischen auch die russische Propaganda nicht mehr aufrecht erhalten. Putin gerät tatsächlich ein wenig unter Druck, doch das macht die Situation noch explosiver.

Die Optionen, die sich Putin bieten, sind unterschiedlich. Er könnte beispielsweise aufgeben, seine Truppen aus der Ukraine abziehen, einen Frieden aushandeln und sich mit dem Westen zusammenraufen, um den Karren doch noch aus dem Dreck zu ziehen. Könnte er. Wird er aber nicht.

Nächste Option – die Generalmobilmachung. Damit könnte Putin seine Truppen in der Ukraine massiv ausbauen, allerdings würde eine Generalmobilmachung voraussetzen, dass der Kreml seine Lüge von der „Spezialoperation“ einkassiert und offen einräumt, dass man seit dem 24. Februar im Nachbarland einen Angriffskrieg führt.

Die dritte Option besteht darin, dass Putin die aktuellen militärischen Rückschläge durch einen Blitzangriff, beispielsweise in Transnistrien zu kaschieren versucht. Technisch wäre dies möglich, die russische Armee ist bereits sehr stark in der abtrünnigen Teilrepublik von Moldau präsent.

Die vierte Option ist eine massive Eskalation der Situation. Man sollte nicht vergessen, dass Putin weiterhin den Daumen auf Europas größtem Atomkraftwerk hält, dass er bereits in den letzten Monaten mehrfach mit der nuklearen Waffe gedroht hat und dass die Ereignisse während dieses Kriegs zeigen, dass weder Putin, noch seine Wagner-Söldner, noch seine tschetschenischen Bluthunde, noch die regulären russischen Truppen ohne jeden Skrupel vorgehen.

Die Proteste in den Stadträten von Sankt Petersburg und Moskau sind aller Ehren wert, doch werden sie nicht ausreichen, Putins Position ernsthaft zu gefährden. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die mutigen Stadträte in beiden Metropolen, die mit ihrer Unterschrift ein Amtsenthebungsverfahren gegen Putin wegen „Hochverrat“ beantragen, persönlich extreme Schwierigkeiten bekommen könnten. Zum Verhör wurden sie bereits einbestellt, wie es mit ihnen weitergeht, wird man sehen.

Wie Putin nun reagieren wird, steht in den Sternen. Nur sollte man sich nicht zu früh freuen, das die lange Frontlinie brüchig geworden ist. Putin hat noch etliche Trümpfe im Ärmel und man darf sich nicht darauf verlassen, dass ein Mann wie Putin klein beigibt. Im Gegenteil.

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