Mit wem reden die eigentlich?

Nach Emmanuel Macrons viel beachteter Rede am Samstag in Paris, zeigte sich auch Angela Merkel gestern in Straßburg sehr europäisch. Aber mit wem reden die eigentlich?

Statt schöne Reden zu halten, könnten unsere Regierungschefs ja auch einfach mal handeln... Foto: © European Union 2018 / Source EP

(KL) – Ja, gute Europäer sind sie, Emmanuel Macron und Angela Merkel. Zumindest, wenn sie Reden halten, wie Macron am Samstag in Paris oder Merkel gestern in Straßburg. Da hört man dann feurige Aufrufe für mehr Frieden, mehr Solidarität, mehr Gemeinsamkeit, doch stellt man sich die Frage, an wen sich diese Appelle eigentlich richten. An uns? Wohl kaum. Ginge es nach den 500 Millionen Europäerinnen und Europäern, dann wäre Europa heute bereits eine deutlich wirksamere Veranstaltung. Führen unsere Staats- und Regierungschefs etwa Selbstgespräche auf hohem Niveau?

Aktuelles deutsch-französisches Steckenpferd ist eine neue, europäische Armee. Ein wunderbares Thema, um voller Pathos mehr Europa zu fordern. Vor allem, wenn niemand hinhört. Denn in der Tat gibt es inzwischen jede Menge europäischer Armee-Einheiten, die allerdings deswegen noch nie zum gemeinsamen Einsatz gekommen sind, weil es immer rechtliche und technische Probleme gab, die solche gemeinsamen Einsätze verhindert haben. Da aber diese Probleme auch bei der fünften europäischen Armee-Einheit immer noch die gleichen sind, sieht dieser Vorschlag mal wieder sehr nach „politischer Kommunikation“ aus, wobei diejenigen, die solche Pläne verkünden, genau wissen, dass auf die Ankündigung keine Umsetzung folgen wird.

Ebenso beeindruckend ist es, wenn die größten Waffenexporteure der Welt zu mehr Frieden mahnen. Da sitzen sie in ihren Parlamenten, keiner bereit, auch nur eine Handgranate weniger in die Krisengebiete der Welt zu liefern, und schwadronieren vom Frieden. Da treffen sie sich zu Gipfeln, bei denen sie mit kilometerweiten Sperrzonen vom Zorn ihrer Mitbürger geschützt werden müssen, und beraten über die Ordnung der Welt, wobei doch jeder sieht, dass sie das alles nicht mehr im Griff haben. Und nach ihren Treffen treten sie vor die Presse und fordern, appellieren und geben Statements ab. Aber für wen?

Angela Merkel vor dem Europäischen Parlament – vor ein paar Jahren war das ein Ereignis. Heute ist ein solcher Auftritt eher etwas Protokollarisches, ein Programmpunkt auf dem Sitzungskalender des Europäischen Parlaments, mehr aber auch nicht. Angela Merkel ist auf dem Sprung in den Ruhestand und so richtig spannend ist es nicht, wenn sie in ihrer Rede den Europa-Plänen von Emmanuel Macron ein Jahr zu spät den Rücken stärkt, wissend, dass den schönen Worten ohnehin keine Taten folgen.

Zum Glück gibt es den Mai 2019. Dann wählen wir ein neues europäisches Parlament. Und wir wären gut beraten, wenn wir diese Wahl als Zeitpunkt für einen Wechsel definieren und einfach mal anders wählen würden. Danke für die nette Rede, Frau Merkel, die weder Europa noch uns auch nur einen Schritt weiterbringt. Und schönen Ruhestand noch.

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